Anbieter kategorisieren ihre Kunden. Danach gibt es solche, die besonders profitabel und daher erwünscht sind, und solche, die wenig einbringen. „Freundsparer sind die begehrtesten“ hieß es in einem Bericht der ZEIT von 1984 (Ausgabe 23). Und weiter: „Sie sparen wegen der steuerlichen Vorteile und Prämien, nehmen aber das Kollektiv nicht in Anspruch; sie sorgen durch ihre Sparleistungen dafür, dass die Regelsparer ihre Verträge rascher zugeteilt bekommen“. Sparer, die kein Darlehen wollten, das waren die Freunde der Bausparkassen. Ungeliebt dagegen waren die sogenannten Schnellsparer, weil sie „das Kollektiv über Gebühr beanspruchen“, wie es damals hieß. Die Vereinigte Bausparkasse Bielefeld/Hannover sei 1971 an einem zu großen Bestand an Schnellsparern pleitegegangen.
Der Freundsparer von 1984 ist der Feindsparer von 2018
Heute sind die Sparer die Feinde, die Darlehensabnehmer die Freunde der Bausparkassen.
Die Diskussion von damals hat Parallelen zur heutigen, allerdings unter anderen Vorzeichen: Heute sind die Sparer die Feinde, die Darlehensabnehmer die Freunde der Bausparkassen. Der Freundsparer von 1984 ist der Feindsparer von 2018. Den Sparern wurde jüngst vorgeworfen, sie schädigten mit ihrem Verhalten nicht nur die Bausparkasse, sondern auch die gesamte Bauspargemeinschaft. Angeblich soll das Bausparkollektiv geschützt werden. Tatsächlich aber schrumpfen vor allen Dingen die Gewinne der Bausparkassen, allesamt bis auf ein paar Landesbausparkassen übrigens Aktiengesellschaften. Die Geschäftspolitik der Vergangenheit bestimmt eben die Ertragslage der Zukunft. Aktuell versuchen viele Bausparkassen daher massiv, Kunden aus für sie wenig lukrativen Verträgen zu drängen.
Es ist gut möglich, dass die Vorzeichen erneut wechseln.
In den letzten Jahren wurden zunehmend Tarife verkauft, die Bausparern einen Anspruch auf ein zinsgünstiges Darlehen einräumen. Steigen die Zinsen, dann stehen die Kunden von heute Schlange und wollen ein günstiges Darlehen. Dann werden die Sparer wieder die Freunde sein und die drängelnden Darlehensabnehmer die Feinde. Die Gewinne würden erneut schrumpfen, große Verluste und sogar Pleiten wären möglich.
Hintertür im Kleingedruckten: Kündigung 15 Jahre nach Vertragsabschluss
Doch die Bausparkassen haben vorgesorgt, und zwar mit einer Hintertür im Kleingedruckten. Sie wollen sich auf Kündigungsklauseln berufen und den Verträgen ein Ende bereiten, die 15 Jahre nach Vertragsabschluss nicht mehr profitabel für sie sind. Die besagten Klauseln tauchen in unterschiedlichem Wortlaut seit 2005 im Kleingedruckten der Bausparkassen auf und werden sogar vom Verband der Privaten Bausparkassen empfohlen. Diese Klauseln könnten also eine neue Kündigungswelle ab 2020 auslösen. Verbrauchern, die dann endlich ihren Bausparvertrag zur Zuteilungsreife angespart haben, aber noch kein passendes Objekt zum Eigenheimerwerb gefunden haben, droht dann die Kündigung. Sie dürften sich nicht einmal die vom Bundesgerichtshof (BGH) zugestandene zehnjährige Frist nehmen, um in Ruhe zu überlegen und weiter nach einer Immobilie zu suchen.
Nicht hinter BGH-Rechtsprechung zurückfallen!
Der BGH hat mit seinen Entscheidungen von 2017 zu Gunsten der Bausparkassen den Grundsatz der Vertragstreue in Frage gestellt. Dies konnten wir Verbraucherschützer nicht verhindern. Dass die Bausparkassen aber sogar hinter die BGH-Rechtsprechung zurückfallen und damit vereiteln können, dass Bausparverträge ihren Zweck erreichen, zumindest das wollen wir verhindern. Die bisherigen Urteile aus Stuttgart, Karlsruhe und Berlin, mit denen solche Klauseln gekippt wurden, stimmen uns zuversichtlich.