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Widerrufsrecht gilt auch bei Montage von Treppenliften

Pressemitteilung vom
Bundesgerichtshof gibt Verbraucherzentrale recht
Ältere Frau sitzt auf einem Treppenlift
  • Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg erfolgreich: BGH stärkt Verbraucherrechte
  • Verkauf und Montage von Treppenliften gelten als Werkverträge und können widerrufen werden
  • Verbraucherzentrale stellt kostenlosen Musterbrief zur Verfügung

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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinem Urteil vom 20.10.2021 nach Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg die Verbraucherrechte deutlich gestärkt: Verkauf und Montage eines Treppenliftes sind als Werkverträge anzusehen und können, wenn der Vertragsabschluss in der Wohnung des Kunden erfolgte, daher 14 Tage widerrufen werden. Unternehmen hatten in der Vergangenheit dieses Widerrufsrecht häufig mit Verweis auf eine „Sonderanfertigung“ verweigert.

„Mit dieser Entscheidung stärkt der Bundesgerichtshof die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern in einem Markt, in dem es regelmäßig zu Problemen kommt“, sagt Cornelia Tausch, Vorständin der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Wir haben in unserer Beratung häufig mit Menschen zu tun, die beim Vertragsschluss oder bei der Montage eines Treppenlifts über den Tisch gezogen oder überrumpelt wurden. Verbraucher:innen können sich jetzt besser wehren und Verträge einfach widerrufen“.

Das unseriöse Geschäftsgebaren mancher Treppenliftanbieter ist der Verbraucherzentrale durch etliche Verbraucherbeschwerden schon länger bekannt: Verbraucher:innen berichten von Planungsfehlern beim Einbau, Sicherheitsmängeln oder unzureichendem Service. Viele fühlen sich außerdem zu einem schnellen Vertragsabschluss in den eigenen vier Wänden gedrängt, insbesondere wenn eine Notlage vorliegt, weil beispielsweise plötzlich eingetretene Erkrankungen Hilfe erforderlich machen. Versuchten Betroffene dann, den Vertrag zu widerrufen, verweigerten die Anbieter dies regelmäßig oder konfrontierten die Verbraucher:innen stattdessen mit horrenden Schadensersatzforderungen.

Mit der erfolgreichen Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg ist hier nun Klarheit hergestellt: Weil Verkauf und Montage als Werkvertrag anzusehen sind, haben Verbraucher:innen, wenn der Vertrag in ihrer Wohnung abgeschlossen wurde, ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Informieren Anbieter nicht korrekt über die Möglichkeit des Widerrufs, verlängert sich dies sogar um ein Jahr.

„Verbraucherinnen und Verbraucher, die mit der Leistung eines Treppenliftmonteurs unzufrieden sind, haben nun mittels Widerruf gute Chancen, aus dem Vertrag zu kommen“, so Tausch weiter. Betroffene können sich an die Verbraucherzentrale wenden oder mit einem kostenlosen Musterbrief den Vertrag widerrufen. Weitere Informationen gibt es auf der Internetseite der Verbraucherzentrale unter www.vz-bw.de/node/66132.

Rechtlicher Hintergrund


Prinzipiell steht Verbraucher:innen bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen oder per Fernabsatz geschlossen werden, ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zu. Nach der Ausnahmeregelung des § 312 g Abs. 2 Nr. 1 BGB besteht ein Widerrufsrecht nicht, wenn es sich um einen Vertrag über die Lieferung einer nicht vorgefertigten Ware handelt, für deren Herstellung eine individuelle Auswahl der Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist. Anders bei Werkverträgen: Für diese gilt grundsätzlich ein 14-tägiges Widerrufsrecht.

Vor dem Hintergrund dieser Vorschriften ist die Unterscheidung zwischen Werkverträgen und Kaufverträgen bzw. sogenannten Werklieferungsverträgen wichtig.

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung wiedergibt.

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