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Position zu "Immobilienrente"

Stand:
Unsere Position zur Immobilienrente
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Verbraucher:innen, die Eigenheimbesitzer:innen sind, werden auch Finanzprodukte angeboten, die den Vermögenswert des Eigenheims bei Renteneintritt der Eigenheimbesitzer:in in ein Zusatzeinkommen umwandeln. Für diese Produkte hat sich der Begriff „Immobilienrente“ etabliert. Der Begriff Immobilienrente ist gesetzlich jedoch nicht definiert.

Im Folgenden bezieht die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zum Handel mit Immobilienrenten Position.

1. Komplexität des Marktangebots

Mit der Übertragung der Immobilie auf den Anbieter einer Immobilienrente verfolgen Verbraucher:innen in der Regel das Ziel, eine einmalige und/oder lebenslange zusätzliche monatliche Zahlung zu erhalten, ohne aus ihrem Eigenheim ausziehen zu müssen. Die am Markt erhältlichen Angebote, die diesen Bedarf adressieren, zeichnen sich durch eine hohe rechtliche Komplexität aus. Zielgruppe sind Verbraucher:innen, die das Eigentum an ihrer eigenen Immobilie aufgeben wollen oder müssen, um damit ihren Lebensunterhalt im Alter bestreiten zu können. In der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg waren entsprechende Angebote im laufenden Kalenderjahr 2022 (Stand 11/2022) insgesamt 41 Mal Gegenstand von Anfragen oder Beschwerden durch Verbraucher:innen. In der Hälfte der Fälle war der Grund der Anfrage die für Verbraucher:innen nicht erkennbare Qualität der Dienstleistung. Die übrigen Fälle teilen sich auf in solche, bei denen Verbraucher sich über die Sicherheit der Produktangebote erkundigen und solche bei denen Verbraucher:innen zur Bewertung der Empfehlungen der Vermittler Rat einholen. Die Fälle zeigen auf, dass die Produkte sich aus der Perspektive der Verbraucheri:nnen einer Bewertung einziehen. Es handelt sich bei der Immobilienverrentung um ein Produkt mit Vertrauenseigenschaften. Die wird auch durch eine Marktuntersuchung der Stiftung Warentest (Ausgabe 12/2022) bestätigt und zeigt zudem, dass die Informationsasymmetrie von den Verkäufern ausgenutzt wird: „Unterschiedlich und oft dürftig waren die Darstellungen zu Kosten, Gebühren, Rechten und Pflichten. Unsere Rechnungen zeigten: Bei Anbietern wären hohe Margen hängen geblieben, Vermittler kassieren Provisionen in ähnlicher Höhe wie bei anderen Immobiliengeschäften. Irritierend: Ein Mustervertrag oder Vertragsentwurf wurde keiner unserer Testpersonen vorgelegt - egal, wie hartnäckig sie danach fragten. Das habe Zeit bis kurz vor dem Notartermin, bekamen sie etwa zu hören“.

2. Gestaltung des Marktangebots

Anbieter vertreiben die Immobilienrente prinzipiell in zwei unterschiedliche Vertragsformen: Zum einen als Verkauf und zum anderen als Beleihung. Beide Vertragsformen können jeweils verbunden sein mit weiteren Rechtsgeschäften (u.a. auch der Vermittlung weiterer Geldanlage- oder Versicherungsverträge):

  • Verkauf
    • Verkauf zu Marktpreis gegen Einmalzahlung und Rückanmietung bzw. Sale and Lease Back 
    • Verkauf mit Preisabschlag unter gesonderter Einräumung von Rechten (Wohnrecht, Nießbrauchsrecht) gegen Einmalzahlung, zeitlich befristeter Rentenzahlung oder einer Kombination aus alldem
    • Teilverkauf zu Marktpreis gegen Einmalzahlung und Verpflichtung des Verbrauchers zur Leistung von sogenannten Nutzungsentgelten (möglicherweise unter Umgehung des Darlehensrechts)
  • Beleihung
    • Beleihung gegen Kreditgewährung in Form von monatlichen Kreditauszahlungen (Umkehrhypothek),
    • Beleihung gegen Einmalauszahlung,
    • Beleihung gegen Kreditlinie,
    • oder einer Kombination aus alldem. Zum Teil jeweils mit oder ohne Tilgungsoption.

Die Vertragsformen unterscheiden sich in etlichen für Verbraucher:innen wesentlichen Merkmalen. Hierzu zählen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

  • Zeitpunkt vorvertraglicher Informationspflichten: keine, „rechtzeitig“ vor Vertragsschluss, 14 Tage vor notariellem Kaufvertrag.
  • Umfang vorvertraglicher Informationspflichten: standardisiert nur bei Verbraucherdarlehens- und Versicherungsvertragsangeboten
  • Widerrufsrechte: keine, 14 Tage nach Vertragsschluss (Verbraucherdarlehen), 30 Tage nach Vertragsschluss (Versicherungsvertrag)
  • Form der Zahlung: einmalig, monatlich zeitlich begrenzt, monatlich lebenslang, mit bzw. ohne Dynamisierung
  • Schutz gegen Insolvenz: kein gesonderter Schutz, Absicherung mittels Grundpfandrecht, Absicherung über Protektor (nur bei Leibrente eines Versicherers)
  • Eigentümerwechsel: vollständige Eigentumsaufgabe, teilweise oder keine Ei-gentumsaufgabe
  • Folgekosten: zeitlich befristet feste oder vollständig variable Zinszahlung, zeitlich befristet festes oder variables (u.a. von Inflationsrate abhängiges) Nutzungsentgelt, feste oder variable Miete, ggf. weitere Folgekosten bei späterem Verkauf oder Rückkauf
  • Pflicht zur Instandhaltung: Verbraucher, Anbieter oder anteilige Zurechnung
  • Rechte bei Auszug (etwa ins Pflegeheim): keine bei Wohnrecht, anderweitige Nutzung bei Nießbrauchsrecht, ggf. Ausgleichszahlung sofern vereinbart
  • Steuerrechtliche Folgen: abhängig vom jeweiligen Angebot unterschiedlich (Ertragsanteilsbesteuerung, Spekulationssteuer, ggf. weitere)
  • Risikoverteilung bei Wertänderungen: einige Anbieter wälzen Wertminderungs-risiken auf Verbraucher ab oder vereinbaren feste Aufpreise bei einem späteren Rückkauf (sichere Gewinnmargen)
  • Adverse Selektion: Angebote zum Teil nicht für Objekte aus dem ländlichen Raum.

Verbindliche Vorgaben für die Vermittlung dieser Produktmerkmale existieren nicht. Welche der Vertragsformen tatsächlich einem individuellen Bedarf der Verbraucher:innen entspricht, hängt vom Einzelfall und der konkreten Ausgestaltung ab.

Aufgrund der fehlenden verbindlichen Vorgaben/Standardisierung lässt sich jedoch die zentrale Frage, ob und welches Angebot der Immobilienverrentung sich „lohne“ nicht so einfach beantworten. Zum Zeitpunkt der Entscheidung für oder gegen eine Immobilienrente ist die Wirtschaftlichkeit der Offerten ungewiss. Sie kann nur unter Festlegung von Annahmen (Wertentwicklung, Wertansatz eines Wohnrechts bzw. Nießbrauchsrechts, Instandhaltungskosten, Zinsentwicklung, Lebenserwartung etc.) geschätzt werden. Ob diese Annahmen realitätsnah sind, ist zum Zeitpunkt der Schätzung ebenfalls ungewiss.

Aus Perspektive der Verbraucher:innen kann die Form der Zusatzrente je nach Ausgestaltung dem Risiko des Ausfalls ausgesetzt sein, lediglich bei Leibrenten aus Versicherungsverträgen gibt es einen besonderen Sicherungsfonds (Protektor). Im Übrigen existieren auch keine gesetzliche Bestimmungen, die den Anspruch der Verbraucher:innen an der Immobilienrente gegen die Insolvenz des Anbieters absichern. Einige Anbieter versprechen zwar die Rechtsposition der Verbraucher:innen durch eine Grundschuld abzusichern, allerdings ist die Durchsetzung derartiger Ansprüche langwierig, was gerade für Verbrau-cher:innen ein Problem darstellt, die sich für den Immobilienverzehr entscheiden, weil sie die Rentenzahlung für den Lebensunterhalt benötigen.

3. Fazit und Forderungen

Bei den Angeboten der Immobilienverrentung handelt es sich um Vertrauensgüter. Ihre Eigenschaften bzw. die Bedarfsgerechtheit sind für Verbraucher:innen weder vor noch nach dem Kauf am Produkt selbst verifizierbar. Aufgrund der Informationsasymmetrie haben Anbieter allerdings einen Anreiz zu opportunistischem Verhalten, den sie aktuell auch ausnutzen. Die Gefahr dieser systematischen Benachteiligung kann nur durch gesetzliche Regelungen zur Kennzeichnung und Überwachung überwunden werden. Folgende verbindliche Vorgaben sind daher gesetzlich festzulegen. Diese Vorgaben sollten sich auf alle Produktvarianten der Immobilienverrentung erstrecken, also sowohl für Varianten des Verkaufs wie auch für Varianten der Beleihung durch Darlehensgewährung.

  • Regulierung der Beratung: Bedarfsexploration, Beratungsdokumentation, Qualifikation der Anbieter von Beratung, Beaufsichtigung der Beratung durch die BaFin.
  • Informationspflichten vorvertraglich
    • Wesentliche Produkteigenschaften, die für eine selbstbestimmte informationsgeleitete Entscheidung notwendig sind, ergänzt um eine
    • Musterrechnung bis zum 90. Lebensjahr. Diese Rechnung stellt die Leistungen des Anbieters sowie Ansprüche gegen den Anbieter, zu zahlende Entgelte sowie zu tragende Pflichten bis zum 90. Lebensjahr gegenüber, jeweils für drei Szenarien der Wertentwicklung des Objekts (gleichbleibender, sinkender, steigende Immobilienwert)
  • Informationspflichten nachvertraglich
    • Entwicklung des Immobilienwertes anhand von Bodenrichtwerten
    • Bezahlte Entgelte im vergangenen Kalenderjahr
  • Widerrufsrechte.

Sparkasse KölnBonn: Vergleich beendet Verfahren

Der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) hat sich erfolgreich mit der Sparkasse KölnBonn zu einseitig erhöhten Kontoführungsgebühren verglichen. Rund 700 Verbraucher:innen, die sich der Musterfeststellungsklage angeschlossen hatten, erhalten in den nächsten Monaten Vergleichsangebote von der Sparkasse. Die angebotenen pauschalen Beträge liegen je nach Fall entweder bei 60 Euro oder bei 195 Euro.
Hand zieht Scheine aus dem Geldautomaten

Musterfeststellungsklage gegen Sparkasse KölnBonn

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Sparkasse KölnBonn haben sich auf einen Vergleich geeinigt. Dadurch können betroffene Verbraucher:innen unkompliziert pauschale Zahlungen erhalten.
Hintergrund: Die Sparkasse KölnBonn hat in der Vergangenheit einseitig Gebühren erhöht oder neu eingeführt ohne dass die Kund:innen aktiv zugestimmt hätten. Sie lehnte es ab, solche Gebühren zurückzuzahlen. Der vzbv führte deshalb eine Musterklage, eine Art Sammelklage, gegen die Sparkasse.
Hand auf einem Heizkörper

Sammelklage gegen HanseWerk Natur GmbH

Die Verbraucherzentrale klagt gegen HanseWerk Natur wegen stark erhöhter Fernwärmepreise, die aus seiner Sicht ungerechtfertigt sind. Ziel ist die rückwirkende Preisanpassung und Erstattung an Kund:innen. Aktuell laufen Vergleichsverhandlungen über direkte Rückzahlungen und darüber, dass HanseWerk die bisherigen Preisanpassungklauseln nicht mehr verwendet.
Kinder mit Tablet und Smartphone im Auto

Roaming-Falle Schweiz

Gerade bei der Nutzung von Sozialen Netzwerken wie WhatsApp, Instagram & Co, aber auch beim Streamen von Musik oder der Nutzung von Navigationsdiensten kann ein Urlaub in der Schweiz oder auch nur eine kurze Durchfahrt oder ein Aufenthalt in der Grenzregion für Mobilfunkkunden zu einer teuren Kostenfalle werden.
Eine Frau sucht auf einer Streamingplattform nach einem Film.

Urteil zu Netflix: Preiserhöhungen unwirksam – Millionen Betroffene möglich

Netflix hat in den letzten Jahren mehrfach die Abo-Preise erhöht – von 11,99 Euro auf bis zu 17,99 Euro monatlich. Das Landgericht Köln hat in einem Fall nun entschieden: Die Preiserhöhungen waren unwirksam. Millionen Betroffene können nun versuchen, zu viel gezahlte Beiträge zurückzufordern.