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Stellungnahme zur Änderung der Photovoltaik-Pflicht-Verordnung

Stand:
Stellungnahme der VZ BW zum Referentenentwurf einer Verordnung des Umweltministeriums Baden-Württemberg zur Änderung der Photovoltaik Pflicht-Verordnung mit Stand vom 25. Januar 2022.
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Die PV-Pflicht für Neubauten und bei grundlegenden Dachsanierungen ist - auch nach Auffassung der Landesregierung (vgl. Drs 17/1454) - ein umfassendes Privatpersonen (vor allem als Verbraucher und Verbraucherinnen) betreffendes Vorhaben, das technische, steuerliche, rechtliche und wirtschaftliche Aspekte in hoher Komplexität sowie deren Wechselwirkungen untereinander umfasst. Von der Photovoltaikpflicht sind bei konservativer Schätzung jährlich rund 30.100 Privatpersonen (Verbraucher:innen) betroffen (vgl. RE PV-Pflicht-Verordnung, Begründungsteil: VI. Erfüllungsaufwand).

Mit in Kraft treten der Änderungen der PV-Pflicht-Verordnung werden erhebliche Eingriffe in die Selbstbestimmung der Verbraucher:innen verbunden sein, die in einem Markt erfolgen, der von strukturellem Ungleichgewicht zwischen Verbraucher:innen und Anbietern in besonderem Maße gekennzeichnet ist. Zugleich stellt die PV-Pflicht ein großes Wirtschaftsförderungsprogramm dar, dem keinerlei Verpflichtungen der Anbieter gegenüber stehen, den Betroffenen den bezweckten Klimabeitrag bedarfsgerecht, fachlich zutreffend und wirtschaftlich zur Verfügung zu stellen. Zudem berücksichtigen die im Begründungsteil des Entwurfs angestellten Wirtschaftlichkeitsberechnungen die tatsächlichen Marktgegebenheiten nicht. Damit ist absehbar, dass bei individueller Umsetzung zwar erhebliche Investitionen getätigt würden, die aber nicht – anders als im Begründungsteil des Referentenentwurfs unterstellt - grundsätzlich mit dem wirtschaftlichen Betrieb der PV-Anlage einhergehen. Aber (auch) eine vollständige Befreiung von der PV-Pflicht - etwa bei Vorliegen eines begründeten Falls unbilliger Härte – ist mit hohem zeitlichen und finanziellem Aufwand (Transaktionskosten) verbunden, den sich viele Betroffene gerade aufgrund ihrer begrenzten Ressourcen nicht aus freien Stücken auferlegen würde und für den sie keine Kompensation erhalten.

Um die sich aus der unzulänglichen Berücksichtigung der tatsächlichen Marktgegebenheiten ergebenden Nachteile für Verbraucher:innen zu vermeiden, ist es für betroffene Privatpersonen dort, wo ihnen eine individuelle Entscheidung möglich bleibt, d.h. bei grundlegenden Dachsanierungen, rational, eine Dachsanierung erst gar nicht in Betracht zu ziehen. Dies führt wiederum zu weniger Klimaschutzbeiträgen. Im Fall der PV-Pflicht für Neubauten sind aufgrund des strukturellen Ungleichgewichts indes Investitionen zu erwarten, die mit einer Überbeanspruchung von wirtschaftlichen und von nicht erneuerbaren Ressourcen einhergehen. Diese Ressourcen stehen dann nicht mehr für notwendige Klimaschutzmaßnahmen zur Verfügung.

Die Änderung der Photovoltaik Pflicht-Verordnung unterstützt daher das Land auch nicht, einen im Sinne des § 1 KSG BW im Rahmen der internationalen, europäischen und nationalen Klimaschutzziele angemessenen Beitrag zum Klimaschutz tatsächlich zu leisten (vgl. zu diesem Anspruch: VII. Wesentliche Ergebnisse des Nachhaltigkeitschecks).

Die Photovoltaik Pflicht-Verordnung wird ihr Ziel nicht erreichen können, da sie die rechtliche und wirtschaftliche Komplexität der Umsetzung der PV-Pflicht unberücksichtigt lässt. Verbraucher:innen können die PV-Pflicht nur dann im Sinne der Zielsetzung umsetzen, wenn deren Komplexität reduziert wird. Hierzu muss die Landesregierung „Mehr Verpflichtung wagen“. Zur Umsetzung der PV-Pflicht bedarf es eines Unterstützungsangebots für Privatpersonen, das die Komplexität der Umsetzung erheblich reduziert. In die Verordnung sind folglich rechtliche Regelungen aufzunehmen, die das Land auf folgende Maßnahmen verpflichten:

                                                Mehr Verpflichtung wagen!

  • Auf-, Ausbau und dauerhafte Finanzierung einer anbieterunabhängigen Beratung aller von der PV-Pflicht betroffenen Privatpersonen (rund 30.100 jährlich, s.o.) in allen mit der PV-Pflicht verbunden technischen, steuerlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen und deren Wechselwirkungen,
  • Auf-, Ausbau und dauerhafte Finanzierung eines obligatorischen Zertifizierungs- und Zulassungsverfahrens, dem alle für die Umsetzung erforderlichen Anbieterleistungen unterliegen,
  • Auf-, Ausbau und dauerhafte Finanzierung der wirksamen hoheitlichen Überwachung der Anbieterleistungen, die einen wirksamen Sanktionierungsrahmen beinhaltet.

Die dreifache gesetzliche Verpflichtung des Landes ist mit den angeführten Maßnahmen erforderlich, da

  • anbieterunabhängige Beratung der betroffenen Privatpersonen eine Dienstleistung von allgemeinen Interesse (DAWI) ist, die der Markt grundsätzlich nicht zur Verfügung stellen kann,
  • andernfalls die anbieterunabhängige Beratung allenfalls eine öffentliche Dienstleitung der freiwilligen Daseinsvorsorge darstellt und damit von politischen Prioritätensetzung der jeweiligen Landesregierung anhängig ist, während die Umsetzung der PV-Pflicht beibehalten bleibt. Mithin weist die in Drs 17/9454 angeführte Bedarfsprüfung für eine Beratung zwar in die richtige Richtung, ist aber aufgrund des Charakters der dort postulierten Beratung als freiwilligen Daseinsvorsorge unzureichend,
  • nur ein obligatorisches Zertifizierungs- und Zulassungsverfahrens die Voraussetzung erst dafür schafft, dass die Anbieterleistungen auch in der erforderlichen Qualität zur Verfügung gestellt werden können,
  • nur eine hoheitliche Überwachung erst den Rahmen schafft, dass die Anbieterleistungen auch in der erforderlichen Qualität erstellt werden.

 

(Hier geht es zu unserer Stellungnahme zum Gesetzentwurf zur Änderung des Klimaschutzgesetzes BW.)

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