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So funktioniert die Rechtsdurchsetzung der Verbraucherzentrale

Stand:
So setzt die Verbraucherzentrale Ansprüche der Verbraucher:innen kollektivrechtlich durch.
Ein Mann blättert in einem Buch
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Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V. ist, wie auch die Verbraucherzentralen der anderen Bundesländer, sowie der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv), berechtigt, Ansprüche der Verbraucher:innen kollektivrechtlich durchzusetzen. Werden also durch eine Handlung eines Anbieters nicht nur die Interessen einzelner Verbraucher:innen tangiert, sondern sind von dem möglicherweise unzulässigen Verhalten viele Verbraucher:innen betroffen, kann die Verbraucherzentrale im Interesse aller eine Klage einleiten.

Dabei kann ein unzulässiges Verhalten beispielsweise in Allgemeinen Geschäftsbedingungen liegen, also vorformulierten Vertragsklauseln, sofern diese  Verbraucher:innen unangemessen benachteiligen. Das unzulässige Verhalten kann eine unlautere Werbemaßnahme sein, zum Beispiel ein Werbeanruf, zu dem ein Verbraucher kein Einverständnis erklärt hat. Oder auch eine irreführende Werbung: Wenn für ein Produkt mit Zutaten geworben wird, die gar nicht enthalten sind. Oder wenn gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen wird, wie die Verpflichtung Grundpreise anzugeben oder einen Kündigungsbutton auf der Webseite vorzuhalten.

Wie läuft das mit der Verbandsklage dann genau ab? 

Verbraucher:innen beschweren sich gezielt bei der Verbraucherzentrale über ein Verhalten eines Anbieters. Die Berater:innen der Verbraucherzentrale stellen anlässlich eines Beratungsgespräches mit Verbraucher:innen ein unzulässiges Verhalten des Anbieters fest, das im Rahmen einer Verbandsklage aufgegriffen werden sollte. Die Verbraucherzentrale überprüft, ob sich Anbieter an gesetzliche Vorschriften halten. Sofern dann von einem unzulässigen Verhalten des Anbieters ausgegangen werden muss, mahnt die Verbraucherzentrale den Anbieter ab und fordert diesen außergerichtlich auf eine Unterlassungserklärung abzugeben und das unzulässige Verhalten einzustellen.

In der Unterlassungserklärung muss der Anbieter eine angemessene Vertragsstrafe versprechen, die zur Zahlung fällig wird, wenn er entgegen der Erklärung doch noch einmal die unzulässige Handlung begeht. Wird diese außergerichtliche Erklärung nicht abgegeben, dann kann die Verbraucherzentrale Unterlassungsklage beim zuständigen Gericht erheben. Das Gericht entscheidet dann durch Urteil. Wenn der Anbieter gegen dieses Urteil verstößt, dann kann ein weiteres Verfahren angestrengt werden. In diesem wird der Anbieter dann zu einer Ordnungsstrafe, zu zahlen an den Staat, verurteilt, sofern das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass der Anbieter gegen das Urteil verstoßen hat.

Mehr als 150 Abmahnungen jährlich

Von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg werden jährlich regelmäßig mehr als 150 Abmahnungen ausgesprochen; in etwa 80 Fällen werden die angeforderten Unterlassungserklärungen abgegeben. Viele Rechtsdurchsetzungsverfahren können außergerichtlich mit Abgabe der Unterlassungserklärung beigelegt werden. Aber viele Anbieter wollen auch eine gerichtliche Entscheidung.

Neben dem Instrument der Unterlassungsklage hat die Verbraucherzentrale auch die Möglichkeit, eine Musterfeststellungsklage zu erheben. Einer Musterklage können sich die Geschädigten anschließen und die Rechtsfragen werden für alle einheitlich geklärt. Ein Musterfeststellungsverfahren kann mit einem Urteil aber auch mit einem Vergleich enden. In einem Urteil stellt das Gericht den Sachverhalt und die Rechtslage fest. Verbraucher: innen können dann den jeweiligen individuellen Anspruch selbst einklagen, wobei für die angeschlossenen Verbraucher:innen die Verjährung gehemmt ist. Bei einem Vergleich kann die Entschädigung direkt in der Verbandsklage vereinbart werden, wobei die Verbraucher:innen die Möglichkeit haben, aus dem Vergleich auszutreten.

Wichtige Gesetzesänderung zur Verbandsklagebefugnis 2023

Im Oktober 2023 traten neue gesetzliche Regelungen in Kraft. Grund dafür ist die Umsetzung der Verbandsklagerichtlinie. Die Verbraucherzentralen sind nunmehr befugt, auch Abhilfeklagen zu führen.

Abhilfeklage bedeutet: Sofern mehr als 50 Verbraucher:innen von dem rechtswidrigen Verhalten eines Anbieters in gleicher Weise betroffen sein können, kann die Verbraucherzentrale auf Abhilfe klagen. Eine Abhilfeklage ist aber nur dann zulässig, wenn die Ansprüche der Verbraucher:innen im Wesentlichen gleichartig sind. Das heißt, die Ansprüche müssen auf demselben Sachverhalt beruhen oder auf einem im Wesentlichen vergleichbaren Sachverhalt und für die Ansprüche sind die gleichen Tatsachen- und Rechtsfragen entscheidungserheblich.

Wenn das Gericht die Klage für begründet hält, kann das verklagte Unternehmen zur Zahlung eines kollektiven Gesamtbetrages oder auch zu einer anderen Leistung verurteilt werden. Bevor es ein Urteil erlässt, wird das Gericht noch versuchen, das Verfahren durch einen Vergleich zu beenden. Klappt das nicht, fällt das Gericht ein Urteil. Wird dieses auf Zahlung eines Kollektivbetrages erlassen, setzt das Gericht eine:n Sachwalter:in ein. Diese kümmern sich darum, dass die Verbraucher:innen ihre jeweiligen Ansprüche erhalten.

Die Verbraucherzentrale informiert über laufenden Verbandsklagen unter https://www.verbraucherzentrale-bawue.de/verbandsklagen. Über Verbandsklagen aller Verbraucherzentralen und des Verbraucherzentrale Bundeverbandes können Sie sich hier informieren: https://www.verbraucherzentrale.de/verbandsklagen.

Verbraucher:innen haben die Möglichkeit einer Abhilfeklage ebenso wie einer Musterfeststellungsklage beizutreten und so von dem Urteil zu profitieren. Eine Anmeldung zu einer Verbandsklage ist bis zu 3 Wochen nach Abschluss der mündlichen Verhandlung möglich.

Wichtig zu wissen: Mit der Gesetzesänderung wurde auch eine neue Regelung für die Verjährungshemmung beschlossen.

Sofern die Unterlassungsklage von einem qualifizierten Verbraucherverband erhoben wurde, wird die Verjährung von Ansprüchen von Verbraucher:innen gehemmt. Das Gleiche gilt, sofern ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch einen qualifizierten Verband gestellt wurde. Voraussetzung für die Hemmung der Verjährung ist, dass die Ansprüche der Verbraucher:innen aufgrund der Zuwiderhandlung des Anbieters entstanden sind, die mit der Klage oder dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung angegriffen wurde.

Bei einer Musterfeststellungklage und einer Abhilfeklage wird die Verjährung der Ansprüche des Verbrauchers mit der Anmeldung gehemmt. Das bedeutet die Hemmung der Verjährung: die restliche Verjährungsfrist eines individuellen Anspruchs beginnt nach dem Ende des jeweiligen Grundes für die Hemmung wieder zu laufen. Bei einem Verbandsverfahren dauert die Hemmung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verbandsverfahrens oder einer anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens plus sechs Monate.

Dadurch haben Verbraucher:innen ausreichend Zeit, eigene Ansprüche geltend zu machen.

Hand zieht Scheine aus dem Geldautomaten

Musterfeststellungsklage gegen Sparkasse KölnBonn

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Sparkasse KölnBonn haben sich auf einen Vergleich geeinigt. Dadurch können betroffene Verbraucher:innen unkompliziert pauschale Zahlungen erhalten.
Hintergrund: Die Sparkasse KölnBonn hat in der Vergangenheit einseitig Gebühren erhöht oder neu eingeführt ohne dass die Kund:innen aktiv zugestimmt hätten. Sie lehnte es ab, solche Gebühren zurückzuzahlen. Der vzbv führte deshalb eine Musterklage, eine Art Sammelklage, gegen die Sparkasse.
Kinder mit Tablet und Smartphone im Auto

Roaming-Falle Schweiz

Gerade bei der Nutzung von Sozialen Netzwerken wie WhatsApp, Instagram & Co, aber auch beim Streamen von Musik oder der Nutzung von Navigationsdiensten kann ein Urlaub in der Schweiz oder auch nur eine kurze Durchfahrt oder ein Aufenthalt in der Grenzregion für Mobilfunkkunden zu einer teuren Kostenfalle werden.
Eine Frau sucht auf einer Streamingplattform nach einem Film.

Urteil zu Netflix: Preiserhöhungen unwirksam – Millionen Betroffene möglich

Netflix hat in den letzten Jahren mehrfach die Abo-Preise erhöht – von 11,99 Euro auf bis zu 17,99 Euro monatlich. Das Landgericht Köln hat in einem Fall nun entschieden: Die Preiserhöhungen waren unwirksam. Millionen Betroffene können nun versuchen, zu viel gezahlte Beiträge zurückzufordern.
Kontoauszug

Musterfeststellungsklage gegen Berliner Sparkasse

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 3. Juni 2025 entschieden, dass Gebührenerhöhungen unwirksam sind, denen die Zustimmungsfiktions-Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Berliner Sparkasse zugrunde lag.
Hintergrund: Die Berliner Sparkasse hat in der Vergangenheit einseitig Gebühren erhöht oder neu eingeführt, ohne dass die Kund:innen aktiv zugestimmt hätten. Sie lehnte es ab, solche Gebühren zurückzuzahlen. Der vzbv hat deshalb eine Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse geführt.
Karte der Berliner Sparkasse

Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) klagt erfolgreich gegen Berliner Sparkasse

Die Berliner Sparkasse durfte Kontogebühren nicht einseitig erhöhen. Sie hätte ihre Kund:innen um Zustimmung bitten müssen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) nach einer Musterfeststellungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) bestätigt. Das Gericht erklärte die Gebührenerhöhungen der Berliner Sparkasse für unwirksam. Wer sich an der Klage beteiligt hat und anspruchsberechtigt ist, kann unzulässig verlangte Kontogebühren zurückfordern – rückwirkend bis ins letzte Quartal 2017.