Der Ernährungsreport 2024 des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung bestätigt erneut, dass Tierwohl beim Einkauf von Fleisch eine große Rolle spielt. 84 Prozent der Befragten gaben an, dass es ihnen wichtig ist, zu wissen, wie das Tier gehalten wurde, von dem das Fleisch im Einkaufskorb stammt.
Der Handel reagiert darauf seit Jahren mit vielen verschiedenen Labeln die bessere Tierhaltung, Tierwohl und Tierschutz versprechen. Doch die Kriterien erfüllen nur zum Teil die Erwartungen der Verbraucher:innen.
Nach jahrelangem politischem Ringen wurde im Juni 2023 die Einführung einer verpflichtenden staatlichen Tierhaltungskennzeichnung vom Bundestag beschlossen. Die Kennzeichnung sollte ab 1. August 2025 verpflichtend eingeführt werden, diese Übergangsfrist wurde von der neuen Bundesregierung auf März 2026 verschoben. Die Kennzeichnung kann jedoch schon jetzt freiwillig genutzt werden und ist auf manchen Produkten im Handel zu finden.
Was sind die Kriterien?
Maßgeblich für die Angabe der Tierhaltungsform ist die Mastphase der Schweine. Die Phase der Ferkelaufzucht vor der Mast wird nicht betrachtet.
Stall: Haltung gemäß den gesetzlichen Mindestanforderungen. Jedes Tier hat in Abhängigkeit von der Gewichtsklasse zwischen 0,5 und 1 Quadratmeter Fläche im Stall zur Verfügung.
Stall+Platz: Mindestens 12,5 Prozent mehr Platz im Stall, zusätzlich Raufutter und Strukturierung der Ställe oder jederzeit Auslauf.
Frischluftstall: Etwa 45 Prozent mehr Platz im Stall und Außenklimakontakt.
Auslauf/Weide: Mindestens 50 Prozent mehr Platz im Stall und den Schweinen steht ganztägig ein Auslauf im Freien zur Verfügung. Alternativ können die Tiere im Freiland „Weide“ gehalten werden.
Bio: Schweinehaltung entspricht mindestens den Anforderungen der EU-Ökoverordnung. Die Schweine haben hier mindestens 150 Prozent mehr Platz als in der Haltungsform „Stall“. Anders als in den vier anderen Stufen ist in der Stufe „Bio“ auch die Haltung der Ferkel durch die Ökoverordnung gesondert geregelt. Produkte sind zusätzlich mit dem EU-Bio-Logo gekennzeichnet.
Gemischte Lebensmittel: Enthält eine Verpackung mehrere kennzeichnungspflichtige Lebensmittel oder handelt es sich um ein „gemischtes“ Lebensmittel wie zum Beispiel Hackfleisch, dann müssen die Anteile der einzelnen Haltungsformen in 5-Prozentschritten gerundet angegeben werden.
Für welche Lebensmittel wird die Kennzeichnung angewendet?
Die Kennzeichnungspflicht gilt zunächst nur für frisches, unverarbeitetes Schweinefleisch, das in Deutschland produziert wurde. Da es sich um ein nationales Gesetz handelt, darf die Bundesregierung die Tierhaltungskennzeichnung nicht für importierte Produkte vorschreiben. Importware kann auf freiwilliger Basis mit der Tierhaltungsform gekennzeichnet werden. Es ist geplant, die Kennzeichnungspflicht auf weitere Tierarten, verarbeitete Fleischprodukte und auch auf die Gastronomie auszudehnen. Positiv ist, dass die Kennzeichnung der Tierhaltungsform verpflichtend sein wird und auch für unverpacktes Fleisch in den Bedientheken der Supermärkte und Metzgereien gilt.
Kritik: Transparenz zur Tierhaltung wird es vorerst nur bei unverarbeitetem Schweinefleisch im Handel geben. Damit haben Verbraucher:innen beim Einkauf verarbeiteter Fleischprodukte und beim Essen außer Haus weiterhin keine Anhaltspunkte, wie die Tiere gehalten wurden. Die staatliche Tierhaltungskennzeichnung ist ein Ansatz für mehr Transparenz im Fleischangebot. Sie garantiert aber nicht, dass es den Tieren wirklich gut gegangen ist. Denn mehr Platz und Beschäftigungsmaterial im Stall bedeuten nicht automatisch mehr Tierwohl. Für verlässliche Aussagen zum Tierwohl müssten verhaltens- und gesundheitsbezogene Kriterien wie Lahmen, Verletzungen oder Organbefunde in der Tierhaltung und am Schlachthof systematisch erhoben, ausgewertet und gegebenenfalls nachgebessert werden. Diese Kriterien werden bei der staatlichen Tierhaltungskennzeichnung nicht berücksichtigt.
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