Die EU-Kommissarin McGuinness hat in einer Rede (27.4.) mitgeteilt, in der für Ende Mai angekündigten Kleinanlegerstrategie auf ein Provisionsverbot in der Finanzberatung zu verzichten und dafür unter anderem die Transparenzpflichten auszuweiten.
Es ist bedauerlich, dass die Überlegungen der Kommission, die unstrittig vorhandenen Fehlanreize zu beseitigen, am politischen Widerstand gescheitert sind. Damit verzögert sich ein Provisionsverbot weiter. Warum nur ein Provisionsverbot die Fehlanreize in der Finanzberatung verhindern kann, haben wir hier ausführlich dargelegt: https://www.vz-bw.de/node/82976
Gut ist, dass McGuniess in ihrer Rede nochmal klargestellt hat, dass Einigkeit darüber bestünde, dass der Status Quo in der provisionsbasierten Finanzberatung dem Bedarf und den Interessen der Verbraucher:innen nicht gerecht wird.
Statt Fehlanreize zu beseitigen, sollen nun erneut Informationspflichten über Provisionen verschärft werden. Dies ist ein Eingeständnis, dass die Informationspflichten, die nach der Finanzkrise sukzessive eingeführt wurden, ihr Ziel nicht erfüllt haben. Die Regulierung zur Transparenz von Provisionen enthält viel zu viele Schlupflöcher (zum Beispiel bei der Vermittlung von Lebensversicherungen) und ignoriert die Marktrealität: Finanzprodukte werden verkauft. Im Verkaufsgesprächen sprechen Verkäufer nicht über Nachteile und Kosten ihrer Produkte, sie verstecken diese Informationen im Kleingedruckten.
Nach unserer Überzeugung wird eine weitere Verschärfung von Transparenzpflichten die Fehlanreize nicht beseitigen. Wer dennoch mehr Transparenz einführen will, muss Provisionsverkäufer endlich dazu verpflichten, ihren Kunden vor Vertragsabschluss eine gesonderte Vergütungsvereinbarung vorzulegen, die sämtliche Provisionen in Euro auflistet. Erst wenn Verbraucher:innen das Angebot einer unabhängigen Finanzberatung wie einen Kostenvoranschlag neben das eines Provisionsverkaufs legen können und ihnen tatsächlich vergleichbare Kosteninformation zur Verfügung zu stellen sind, besteht zumindest die Möglichkeit für Verbraucher:innen, Preise vergleichen zu können.
Die Regulierung darf aber nicht mit Preistransparenz enden. Verbraucher:innen können die Qualität von Finanzberatung nicht bewerten, geschweige denn überprüfen. Finanzberatung ist ein Vertrauensgut. Wenn die EU-Kommission auch auf Leistungsebene Wettbewerb ermöglichen und Kleinanleger vor Fehlberatung schützen will, ist ein neuer Gesetzesrahmen für streng überwachte unabhängige Finanzberatung zu schaffen. Die Anbieter von unabhängiger Finanzberatung sind gesetzlich dazu zu verpflichten, ihrem Rat ausschließlich die Interessen der Ratsuchenden zu Grunde zu legen. Sie müssen über die notwendige Qualifikation verfügen. Die in Deutschland üblichen am Verkauf ausgerichteten Sachkundenachweise sind nicht ausreichend. Die zu etablierende unabhängige Finanzberatung ist so zu beaufsichtigen, dass Fehlberatung aufsichtsrechtlich unterbunden werden kann.