Fast alle Supermärkte verkaufen mittlerweile Mehrwegnetze für Obst und Gemüse. In unserem Marktcheck haben wir den Einkauf mit verschiedenen Netzen getestet – und häufig zu viel bezahlt.
Das Wichtigste in Kürze:
- Die meisten Supermärkte und Discounter bieten ihr eigenes Mehrwegnetz an. Die Netze unterscheiden sich in Preis, Material und vor allem im Gewicht.
- Beim Wiegen an der Kasse wurde in vielen Fällen das Gewicht der Netze gar nicht oder falsch berücksichtigt - häufig zum Nachteil für Verbraucher.
- Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass nur das Nettogewicht der Ware berechnet werden darf. Handler müssen sicherstellen, dass das Gewicht der Mehrwegnetze nicht mitberechnet wird.
Wer beim Obst- und Gemüsekauf auf die dünnen Plastikbeutel („Hemdchen“- oder Knotenbeutel) verzichten möchte, kann stattdessen ein Mehrwegnetz benutzen. Viele Supermärkte bieten diese zum Kauf an. Das Problem: Die Mehrwegnetze unterscheiden sich je nach Händler.
Eine große Netzvielfalt
Bei insgesamt zehn Händlern haben wir einen bunten Mix an Mehrwegnetzen gekauft. Dabei waren die Netze im Laden unterschiedlich gut zu finden. Mal enthielt eine Verpackung zwei, mal fünf Netze, manche Netze waren in einer Pappbanderole verpackt, andere wiederum in einem kleinen Aufbewahrungsbeutel. Aber nicht nur in der Verpackung unterschieden sich die Netze. Zwischen 0,25 € und 1,73 € zahlten wir pro Netz. Das gängigste Material war Polyester. Einige Händler boten zusätzlich Netze aus Bio-Baumwolle an. Auch bei der Waschbarkeit unterschieden sich die Netze: von einfacher Handwäsche bis hin zur 60 Grad Wäsche. Der wichtigste Unterschied bei unseren Testkäufen war das Gewicht. Die Kunststoffnetze wogen zwischen 8 g und 22 g. Das schwerste Netz war aus Baumwolle und wog 56 g.


Testkäufe mit den Netzen
Aufgrund der deutlichen Gewichtsunterschiede der Mehrwegnetze testeten wir, wie die Händler mit ihrem eigenen, aber auch mit einem „händlerfremden“ Netz umgehen.
An sogenannten Selbstbedienungswaagen haben Verbraucher selbst Einfluss auf die Berücksichtigung des Netzgewichtes. Das Gewicht des händlereigenen Netzes ist in der Waage hinterlegt („Tara“) und kann auf dem Display ausgewählt werden. Zusätzlich ist auf dem Display auch zu erkennen, wie hoch das abgezogene Gewicht ist. Unterscheidet sich das eingespeicherte Gewicht vom Gewicht des mitgebrachten Netzes, kann die Ware ohne Verpackung gewogen und erst danach wieder ins Netz gelegt werden.
Ein größeres Problem stellt das Wiegen der Ware an der Kasse dar. Hier haben die Verbraucher keine Kontrolle darüber, ob das richtige Gewicht abgezogen wird, und sind auf das Kassenpersonal angewiesen. Wir haben insgesamt 32 Testkäufe durchgeführt, davon 14 mit dem händlereigenen Netz und 18 mit händlerfremden Netzen. Bei fünf von 14 Einkäufen mit dem händlereigenen Netz wurde nicht einmal das Gewicht des eigenen Netzes korrekt berücksichtigt. Beim Einkauf mit einem händlerfremden Netz war das Ergebnis noch schlechter: Bei 11 von 18 Einkäufen wurde gar kein Gewicht oder nur das Gewicht des händlereigenen Netzes abgezogen. Waren die getesteten Netze schwerer als das händlereigene Netz, haben wir zu viel bezahlt.
Diese Praxis ist aber verboten. Die Mess- und Eichverordnung regelt, dass nur das Nettogewicht der Ware berechnet werden darf. Eingespeicherte Tarawerte dürfen nur verwendet werden, wenn sie dem tatsächlichen Taragewicht entsprechen oder Verbraucher nicht benachteiligen.
Wie können Verbraucher erkennen, ob das Taragewicht korrekt berücksichtigt wurde?
Für Verbraucher ist derzeit nur bei wenigen Händlern nachvollziehbar, ob das Taragewicht korrekt berücksichtigt wurde:
- Bei den besuchten Filialen von Kaufland und Edeka wurde an den Selbstbedienungswaagen das hinterlegte Taragewicht auf dem Klebeetikett angegeben.
- Bei der Gewichtsbestimmung an Kassenwaagen erfolgte nur bei Alnatura eine transparente Angabe auf dem Kassenbon.
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg fordert deshalb:
- Händler müssen sicherstellen, dass Verbrauchern beim Einkauf mit Mehrwegnetzen nur das Gewicht der Ware berechnet wird. Dies gilt auch für die Verwendung händlerfremder Netze oder eigener Beutel. Eine exakte Umsetzung der Mess- und Eichverordnung durch das Kassenpersonal muss gewährleistet sein.
- Die Netze dürfen nicht als Marketinginstrument zur Kundenbindung missbraucht werden. Der Einzelhandel muss sich auf ein einheitliches, haltbares Netz einigen, damit sich Verbraucherinnen und Verbraucher nicht für jeden Supermarkt ein eigenes Netz kaufen müssen.
- Außerdem muss der Handel ein einheitliches und für Verbraucher nachvollziehbares System zur Berücksichtigung des Taragewichtes einführen. Dazu können beispielsweise Barcodes an den Netzen dienen, die an den Waagen ausgelesen werden können. So könnte jedes Netzgewicht - egal bei welchem Händler - berücksichtigt werden. Dabei ist das Taragewicht stets transparent auszuweisen: Beim Einsatz von Selbstbedienungswaagen auf dem Klebeetikett, beim Einsatz von Kassenwaagen auf dem Kassenbon.
Tipps für den Einkauf:
- Wer sicher gehen will, dass nur das Gewicht der Ware berechnet wird, sollte Obst und Gemüse erst nach dem Wiegen ins Netz packen.
- Auch an Selbstbedienungswaagen sollte die Ware lose gewogen werden, wenn ein händlerfremdes Netz (oder ein eigener Beutel) verwendet wird.
- In vielen Fällen ist es möglich, lose Ware ohne Beutel oder Netz einzukaufen. Das gilt besonders für großstückiges Obst und Gemüse wie Äpfel, Orangen oder Gurken.