Kostenloses Online-Seminar "High Protein – Hype oder tatsächlicher Proteinbedarf?" am 7. August um 18 Uhr. Jetzt hier anmelden und bequem von zuhause aus teilnehmen.

Vorschläge der "Fokusgruppe Altersvorsorge" gehen am Problem vorbei

Stand:
Seit mittlerweile 15 Jahren kritisieren wir die Organisation der kapitalgedeckten Altersvorsorge, weil sie Verbraucher:innen strukturell benachteiligt und bedarfsgerechte Vorsorge verhindert.
Close Up Beratungsgespräch
Off

Nun hat eine vom Bundesfinanzministerium zusammengestellte Arbeitsgruppe, in der verschiedene Lobbyist:innen vertreten waren, Vorschläge für eine Reform der Riester Rente unterbreitet. Diese Vorschläge gehen aber vollständig am Problem der Verbraucher:innen vorbei. Sie reihen sich ein in eine Politik des Herumdokterns an Problemen der Riester Rente, die bekannte strukturelle Missstände nicht zu überwinden vermag.

Unsere Bewertung einiger Vorschläge:

Eine Aufhebung der verpflichtenden Kapitalgarantie wird es Anbietern ermöglichen, noch höhere Kosten in ihre Produkte einzukalkulieren. Wir sehen in unserer Beratung heute Verträge, die in die Rentenphase übergehen und nur deshalb keine Minusrendite aufweisen, weil die Anbieter verpflichtet sind, für Verluste aus einer verfehlten Anlagepolitik und Gebührenschneiderei geradezustehen. Was Anleger: innen blüht, denen Teilgarantiefonds und Wertsicherungsfonds verkauft werden, ist absehbar: die Renditen derartiger Fonds lagen über die letzten zehn Jahre bei nicht einmal einem Prozentpunkt jährlich, bei einer durchschnittlichen Rendite des Aktienmarktes von 10,3 % p.a. Höhere Fördergrenzen sind eine Einladung an die Anbieter und ihre provisionsgeleiteten Vermittler: innen, Verbraucher:innen noch mehr Finanzprodukte „mit staatlicher Förderung“ vorbei an ihrem Bedarf zu verkaufen. Ganz nach dem Motto: weiter so, nur mehr davon.

Ein Vergleichsportal für Riester Verträge ist keine Gefahr für die Finanzvertriebe, die mit allen Wassern der Vertriebstaktiken gewaschen sind. Ohnehin ist die Produktlandschaft so komplex, und   sie würde durch eine Aufweichung der Garantie noch weitaus komplexer werden, dass das Produktangebot sich einer objektiven Vergleichbarkeit vollständig entzieht. Das weiß jeder, der schon heute versucht, Riester Verträge anhand der Produktinformationsblätter zu vergleichen. Eine Vergleichswebseite würde der Irreführung nur Vorschub leisten.

Bei der Aufhebung der Verrentungspflicht besteht die Gefahr, dass sich im Provisionsvertrieb ein neues Geschäftsfeld entwickelt: ein Wettbewerb darum, das angesparte Vermögen der angehenden Rentner:innen zu verwalten. Dieser Wettbewerb allerdings wird dominiert von Provisionen: Produktanbieter kaufen sich Marktanteile über die Höhe der Provisionen, der Bedarf der Verbraucher:innen bleibt dabei auf der Strecke.

Angesichts der Zusammensetzung der Kommission ist nicht überraschend, dass ihre Vorschläge den status quo zementieren, und dass ein staatlich organisiertes günstiges Standardprodukt nach schwedischem Vorbild keine Mehrheit gefunden hat. Die Finanzbranche hat an einem günstigen Standardprodukt kein Interesse, weil ihr das Konkurrenz machen würde. Und die Arbeitgeber:innen und Gewerkschaften setzen lieber auf vorhandene Lösungen. Dabei besteht die Säule der betrieblichen Altersversorgung aus einem Flickenteppich von durch Intransparenz gekennzeichnete Vorsorgeangebote. Nur ein Standardprodukt vermag das Problem des Marktversagens zu überwinden. Verbraucher:innen in Schweden konnten dank günstigem Standardprodukt ihr Vorsorgekapital allein durch Wertzuwachs seit zehn Jahren fast verdreifachen. Davon können hierzulande 14 Millionen Riester-Sparer:innen nur träumen. Nur ein Standardprodukt vermag zu verhindern, dass Vermittler:innen überteuerte Produkte am Bedarf vorbei verkaufen können. Verbraucher:innen muss daher eine vom Staat organisierte einfache, transparente und kostengünstige Anlageoption zur Verfügung gestellt werden. Erfreulich ist nun, dass sich jüngst auch vier Wirtschaftsweise zu Wort gemeldet haben, indem sie ein staatlich organisiertes Standardprodukt in der Altersvorsorge einfordern. Es bleibt zu hoffen, dass nun das Parlament die Interessen der Verbraucher: innen endlich in den Mittelpunkt ihres Handelns stellt und den Irrweg in der privatisierten Altersvorsorge beendet.


Artikel erschienen in der Verbraucherzeitung 4/2023

genau genommen Podcast Logo (Verbraucherzentrale)

Podcast: Ärger mit Post- und Paketsendungen

Ein Paket oder Brief - unendlich viele Möglichkeiten, was beim Versand schiefgehen kann. Glücklicherweise lassen sich die meisten Probleme mit verspäteter und verlorener Post lösen. Wir verraten, in welchen Fällen die Verantwortung hierfür beim Anbieter liegt und wann Sie selbst aktiv werden müssen.
Logo des Podcasts "dürfen die das?" neben Illustration eines Smartphones, in dessen Kameraline ein Kopfhörer zu sehen ist.

"dürfen die das?" Podcast: Meine beste (falsche) Freundin (4/6)

Wenn reichweitenstarke Influencer etwas zu verkaufen haben, nehmen sie es mit der Ehrlichkeit und Qualität ihrer Produkte oft nicht so genau. Im vierten Teil unserer Podcastreihe "dürfen die das?" geht es um teure Schwingungen und das Playbook der Health- und Wellness-Influencer.
Foto der Fastic-App

Abo-Falle bei Abnehm-App „Fastic“

Was hinter der Masche steckt, wie Betroffene sich mit einem kostenlosen Musterbrief wehren können und was die Verbraucherzentrale rechtlich gegen den Anbieter unternimmt
Logo des Podcasts "dürfen die das?" neben Illustration eines Smartphones, in dessen Kameraline ein Kopfhörer zu sehen ist.

"dürfen die das?" Podcast: Optimier dich! (3/6)

Digitale Halbgötter in weiß ohne Doktortitel und Gesundheitsprodukte, die krank machen können — dies und mehr in der dritten Episode unserer Podcastreihe "dürfen die das?" rund um unseriöse Influencer und Onlinewerbung.
Logo des Podcasts "genau genommen" mit der Illustration einer Frau

Podcast: Alles rund um Freud und Leid mit Geschenkgutscheinen

Rein theoretisch sind Gutscheine doch das perfekte Geschenk: Schnell gekauft, verschenkt und geeignet für (fast) alle Anlässe. Passt der Geschenkgutschein aber gerade nicht zu den Interessen oder in den Alltag der oder des Beschenkten, landet er gerne in der Schublade. Oftmals für sehr lange Zeit.