Nun hat eine vom Bundesfinanzministerium zusammengestellte Arbeitsgruppe, in der verschiedene Lobbyist:innen vertreten waren, Vorschläge für eine Reform der Riester Rente unterbreitet. Diese Vorschläge gehen aber vollständig am Problem der Verbraucher:innen vorbei. Sie reihen sich ein in eine Politik des Herumdokterns an Problemen der Riester Rente, die bekannte strukturelle Missstände nicht zu überwinden vermag.
Unsere Bewertung einiger Vorschläge:
Eine Aufhebung der verpflichtenden Kapitalgarantie wird es Anbietern ermöglichen, noch höhere Kosten in ihre Produkte einzukalkulieren. Wir sehen in unserer Beratung heute Verträge, die in die Rentenphase übergehen und nur deshalb keine Minusrendite aufweisen, weil die Anbieter verpflichtet sind, für Verluste aus einer verfehlten Anlagepolitik und Gebührenschneiderei geradezustehen. Was Anleger: innen blüht, denen Teilgarantiefonds und Wertsicherungsfonds verkauft werden, ist absehbar: die Renditen derartiger Fonds lagen über die letzten zehn Jahre bei nicht einmal einem Prozentpunkt jährlich, bei einer durchschnittlichen Rendite des Aktienmarktes von 10,3 % p.a. Höhere Fördergrenzen sind eine Einladung an die Anbieter und ihre provisionsgeleiteten Vermittler: innen, Verbraucher:innen noch mehr Finanzprodukte „mit staatlicher Förderung“ vorbei an ihrem Bedarf zu verkaufen. Ganz nach dem Motto: weiter so, nur mehr davon.
Ein Vergleichsportal für Riester Verträge ist keine Gefahr für die Finanzvertriebe, die mit allen Wassern der Vertriebstaktiken gewaschen sind. Ohnehin ist die Produktlandschaft so komplex, und sie würde durch eine Aufweichung der Garantie noch weitaus komplexer werden, dass das Produktangebot sich einer objektiven Vergleichbarkeit vollständig entzieht. Das weiß jeder, der schon heute versucht, Riester Verträge anhand der Produktinformationsblätter zu vergleichen. Eine Vergleichswebseite würde der Irreführung nur Vorschub leisten.
Bei der Aufhebung der Verrentungspflicht besteht die Gefahr, dass sich im Provisionsvertrieb ein neues Geschäftsfeld entwickelt: ein Wettbewerb darum, das angesparte Vermögen der angehenden Rentner:innen zu verwalten. Dieser Wettbewerb allerdings wird dominiert von Provisionen: Produktanbieter kaufen sich Marktanteile über die Höhe der Provisionen, der Bedarf der Verbraucher:innen bleibt dabei auf der Strecke.
Angesichts der Zusammensetzung der Kommission ist nicht überraschend, dass ihre Vorschläge den status quo zementieren, und dass ein staatlich organisiertes günstiges Standardprodukt nach schwedischem Vorbild keine Mehrheit gefunden hat. Die Finanzbranche hat an einem günstigen Standardprodukt kein Interesse, weil ihr das Konkurrenz machen würde. Und die Arbeitgeber:innen und Gewerkschaften setzen lieber auf vorhandene Lösungen. Dabei besteht die Säule der betrieblichen Altersversorgung aus einem Flickenteppich von durch Intransparenz gekennzeichnete Vorsorgeangebote. Nur ein Standardprodukt vermag das Problem des Marktversagens zu überwinden. Verbraucher:innen in Schweden konnten dank günstigem Standardprodukt ihr Vorsorgekapital allein durch Wertzuwachs seit zehn Jahren fast verdreifachen. Davon können hierzulande 14 Millionen Riester-Sparer:innen nur träumen. Nur ein Standardprodukt vermag zu verhindern, dass Vermittler:innen überteuerte Produkte am Bedarf vorbei verkaufen können. Verbraucher:innen muss daher eine vom Staat organisierte einfache, transparente und kostengünstige Anlageoption zur Verfügung gestellt werden. Erfreulich ist nun, dass sich jüngst auch vier Wirtschaftsweise zu Wort gemeldet haben, indem sie ein staatlich organisiertes Standardprodukt in der Altersvorsorge einfordern. Es bleibt zu hoffen, dass nun das Parlament die Interessen der Verbraucher: innen endlich in den Mittelpunkt ihres Handelns stellt und den Irrweg in der privatisierten Altersvorsorge beendet.