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Unzulässige Abschlusskosten in Riester-Sparverträgen: So wehren Sie sich

Stand:
Verbraucher:innen, die einen Riester-Sparvertrag abgeschlossen haben, sollen in mehreren Fällen für die Auszahlung der Riester-Rente neue Verträge abschließen und dafür erneut zahlen. Doch Vorsicht: Solche Angebote sollte man nur unter Vorbehalt akzeptieren. Vieles ist rechtlich noch nicht geklärt.
Strickende Rentnerin
  • Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg führt mehrere Klagen gegen Anbieter von Riester-Verträgen, weil diese eine intransparente Klausel bezüglich anfallender Abschluss- und Vermittlungskosten verwenden.
  • Die Rechtsprechung ist nicht einheitlich. Es bleibt abzuwarten ob die Sparkasse Günzburg-Krumbach Revision gegen das für sie negative Urteil beim Bundesgerichtshof einlegen wird.
  • Verbraucher:innen sollten ihre Handlungsoptionen prüfen bevor sie ein Angebot zur Zahlung einer Rente annehmen. Wer den Kosten widersprechen will, kann unseren Musterbrief verwenden.

Die Riester-Rente sieht die Zahlung einer lebenslangen Rente vor. Dies gilt auch für Riester-Sparverträge, die zu Beginn zunächst mit einer Bank und nicht direkt mit einem Versicherer geschlossen wurden. Nähert sich die Ansparphase ihrem Ende, erhalten Verbraucherinnen und Verbraucher meist ein oder mehrere Vertragsangebote, aus denen hervorgeht, wie hoch die Rente sein und welcher Versicherer diese auszahlen wird. Für den Abschluss dieser Verträge sollen sie jedoch neu anfallende Kosten bezahlen. Wer so einen Vertrag angeboten bekommt, kann sich gegen diese Kosten wehren, auch wenn die Rechtslage noch einige Fragen offenlässt. Wer das Verrentungsangebot annehmen möchte, kann vor Vertragsabschluss handschriftlich vermerken, die geltend gemachten Kosten nur unter Vorbehalt zu entrichten.

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Wenn Verbraucherinnen und Verbraucher einen Riester-Vertrag abschließen und jahrelang Geld einzahlen, dann dürfen sie mit Recht erwarten, auch eine Leistung in Form einer Rente zu erhalten. Schließlich ist so ein Vertrag nicht mit dem Renteneintritt beendet, es wechseln dann nur die Vorzeichen: Statt weiter Geld einzahlen zu müssen, erhalten sie nun eine Rente. Etliche Anbieter stellen ihren Kunden dann aber „Abschlusskosten“, „Übrige Kosten und Verwaltungskosten“ in Rechnung, die angeblich anfallen würden, weil ein neuer Vertrag abzuschließen sei. Sie argumentieren, dass daraus die Kosten für die Antragsprüfung und Ausfertigung der Vertragsunterlagen und Sachaufwendungen‚ die im Zusammenhang mit der Antragsbearbeitung stünden sowie Werbeaufwendungen und die Kosten für die laufende Verwaltung sowie Abschlussprovisionen für ihre Versicherungsvermittler finanziert würden. Ob Verbraucher:innen mit derartigen Kosten überhaupt belastet werden dürfen, ist derzeit noch streitig.

Um wieviel Geld geht es?

Die Beträge, die Verbrauchern belastet werden, sind sehr unterschiedlich, vor allem, weil die Höhe davon abhängt, wieviel Geld jeweils eingezahlt wurde. Zwei Beispiele aus der Verbraucherberatung zeigen aber, dass es oft um einige hundert Euro oder mehr geht.

  1. Verbraucher, die bei ihrer örtlichen Sparkasse einen als „Vorsorge Plus“ bezeichneten Riester-Banksparplan abgeschlossen hatten, erhielten zum Ende der Ansparphase ein Angebot der Bank: bis zum 85. Lebensjahr würde das angesparte Guthaben ausgezahlt werden, danach würde die Rente aus einer Rentenversicherung bezahlt werden, die als Bestandteil des Riester-Vertrags extra abgeschlossen werden sollte. Der Beitrag für die Rentenversicherung würde vom aktuellen Guthaben abgezogen werden. Obwohl der Riester-Banksparplan schon vor Jahren abgeschlossen wurde, sollten die Verbraucher für die Auszahlung und Verwaltung nun „Abschluss- und Vermittlungskosten“ zahlen. Bis zum 85. Lebensjahr würden sich die Kosten auf rund 12,7% der Summe summieren, welche als Beitrag für die Rentenversicherung benötigt wird, um die Rente ab dem 85. Lebensjahr zu bezahlen. Weil dafür 6000 Euro an Beiträgen zu zahlen waren, sollte nun 750 Euro Abschluss-, Vermittlungs- und Verwaltungskosten fällig sein – Geld, das sonst für die Auszahlung einer Rente zur Verfügung stünde.
  2. Ein Kunde einer Volksbank sollte für die angebotene Sofortrentenversicherung der R+V Versicherung „Abschluss- und Vertriebskosten“ von rund 1.200 Euro bezahlen sowie „übrige einkalkulierte Kosten von rund 600 Euro“. Nach Beschwerde und unter Bezugnahme auf die Klausel des Vertrages, wonach „Abschluss- und Vertriebskosten“ für den Altersvorsorgevertrag nicht berechnet würden, erstattete die Bank die Kosten.

 

Wie ist die Rechtslage?

Sparkassen:

Die Verbandsklageverfahren der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg richten sich bislang gegen Sparkassen. Eine bei Sparkassen weit verbreitete Klausel in den Sonderbedingungen Altersvorsorgevertrag „Vorsorge Plus“ lautet wie folgt:

B. Ansparphase
4. Übergang in die Auszahlphase
4.2 Angebote über die Gestaltung der Auszahlphase
(...)
„Im Falle der Vereinbarung einer Leibrente werden dem Sparer ggfs. Abschluss- und/oder Vermittlungskosten belastet.“

Ob auf dieser Grundlage überhaupt Abschluss- und Vertriebskosten berechnet werden dürfen, ist derzeit noch nicht abschließend geklärt. Allerdings enthalten die Angebote zur Verrentung aber meist auch weitere Kostenarten, die nicht einmal von dieser fraglichen Regelung abgedeckt sind. Prüfen Sie das Angebot daher genau auf die darin enthaltenen Kostenarten:

  • Sofern Ihnen „übrige Kosten“, „Verwaltungskosten“ oder „Verwaltungskosten vom Deckungskapital“ berechnet werden, können Sie das Angebot nachbessern lassen, indem Sie auf Ihre vertragliche Vereinbarung verweisen, in der derartige Kosten nicht vereinbart waren.
     

Die eingangs zitierte Klausel haben bereits drei Landgerichte und ein Oberlandesgericht für rechtswidrig befunden. In einem Fall hat das zuständige Oberlandesgericht Zweibrücken die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben. Das OLG Zweibrücken vertrat die Ansicht, dass es sich bei der zitierten Textpassage nicht um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handele, sondern nur um einen Hinweis, der der gerichtlichen AGB Kontrolle entzogen ist. Da das Gericht die Revision nicht zuließ, ist das Urteil vom 06.07.2022 rechtskräftig geworden (mehr zum Urteil hier). Allerdings ist andererseits natürlich klar, dass ein bloßer Hinweis auch grundsätzlich keine Zahlungspflicht begründen kann, weshalb nach unserer Auffassung das Urteil kein Rückschlag für Verbraucher:innen ist.

Das OLG Hamm dagegen deutete in der mündlichen Verhandlung am 24.08.222 an, abweichend vom OLG Zweibrücken, der Auffassung der Verbraucherzentrale folgen zu wollen. Daraufhin nahm die beklagte Sparkasse die Berufung zurück und verhinderte so ein für sie negatives Urteil. Mit Rücknahme der Berufung wurde die Entscheidung der Vorinstanz LG Dortmund rechtskräftig. Das OLG München hat in seinem Urteil gegen die Sparkasse Günzburg–Krumbach am 20.10.2022 entschieden, dass es sich bei der zitierten Klausel tatsächlich um eine Klausel handele und damit explizit dem OLG Zweibrücken widersprochen. Ferner hat es die Kostenklausel für unzulässig befunden und dies ausführlich begründet. Da die Sparkasse Revision beim BGH eingelegt hat, bleibt nun die Entscheidung des BGH abzuwarten. Mit einer Verhandlung ist im Laufe des Kalenderjahres 2023 zu rechnen (Az. BGH XI ZR 290/22).

Folgende Tabelle gibt einen Überblick über den Stand unserer Verbandsklagen und Abmahnungen. Die von der Verbraucherzentrale erstrittenen Urteile können Sie in unserer Urteilsdatenbank herunterladen. Sparkassen, die uns gegenüber eine Unterlassungserklärung abgegeben haben, dürfen sich auf die streitige Klausel nicht mehr berufen. Das hindert sie bislang aber nicht daran, dennoch entsprechende Kosten in Rechnung zu stellen. Wie Sie sich dagegen wehren können, erläutern wir weiter unten. Sollten uns Urteile aus Individualverfahren bekannt werden, werden wir diese hier gerne ergänzen (hier können Sie uns diese zukommen lassen). Auch die Stiftung Warentest berichtet fortlaufend über den Stand der Rechtsprechung.

 

Aktuelle Verfahren
Wer? Was? Gegen wen? Ergebnis
Verbraucherzentrale Baden-Württemberg Abmahnung, Unterlassungsklage Sparkasse Ulm Unterlassungserklärung, 01.10.2019
Verbraucherzentrale Baden-Württemberg Unterlassungsklage Kreissparkasse Kaiserslautern Das OLG Zweibrücken hob die Entscheidung des LG Kaiserslautern auf, das die Klausel für unzulässig erachtet hat. Begründung: Es handle sich nicht um eine Klausel, sondern lediglich einen Hinweis (LG Kaiserslautern Az. 2 O 850/19, OLG Zweibrücken Az. 7 U 106/20).
Verbraucherzentrale Baden-Württemberg Unterlassungsklage Sparkasse Westmünsterland Klausel rechtswidrig (LG Dortmund, Az. 25 O 8/20, rechtskräftig), Beklagte nahm Berufung nach Verhandlung am OLG Hamm zurück (Az. I-31 U 251/20 ohne Urteil).
Verbraucherzentrale Baden-Württemberg Unterlassungsklage Sparkasse Günzburg-Krumbach

Klausel rechtswidrig (LG München, Az. 27 O 230/20 und OLG München, Az. 29 U 2022/21), nicht rechtskräftg, anhängig beim BGH unter Az. ZR 290/22

Verbraucherzentrale Baden-Württemberg Abmahnung Sparkasse Pfullendorf-Meßkirch Unterlassungserklärung, 05.08.2020
Verbraucherzentrale Baden-Württemberg Abmahnung Sparkasse Bonndorf-Stühlingen Unterlassungserklärung, 16.10.2020

Die Erfahrung aus anderen Rechtsstreitigkeiten mit den Finanzinstituten zeigte bislang stets, dass diese erst zugunsten ihrer Kunden einlenken, wenn sie gerichtlich dazu gezwungen werden. Die Verbraucherzentrale führt daher zur rechtlichen Klärung im Interesse der Verbraucher:innen mehrere Klagen gleichzeitig. Unser Ziel ist es, die Übervorteilung der Verbraucher:innen zu beenden. Über den Stand unserer Verfahren halten wir selbstverständlich auch die zuständige Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht informiert.

Wir können mit unseren Verfahren lediglich die Zulässigkeit der streitgegenständlichen Klausel überprüfen lassen. Ob sich die Institute auf andere Klauseln berufen dürfen, etwa aus dem Versicherungsvertrag für eine lebenslange Rente (was sie bereits tun), ist derzeit noch unklar. Hier bleibt zu hoffen, dass sie sich gegen die Kosten später noch auf Argumente aus der Urteilsbegründung eines Oberlandesgerichts berufen können. Noch besser wäre, wenn sich der BGH mit den geschilderten Fragen befassen wird. Ob und wann das passieren könnte, ist derzeit aber noch unklar.

Volks- und Raiffeisenbanken:

Die verwendeten Klauseln in den Verträgen der Volks- und Raiffeisenbanken sind nicht identisch mit den Klauseln der Sparkassen. In uns vorliegenden Riester Banksparplänen, die meist als „VR-RentePlus“ Verträge angeboten wurden, sind Abschluss- und Vertriebskosten im Vertragstext sogar explizit ausgeschlossen. Sie wurden aber dennoch in Rechnung gestellt. In diesen Verträgen heißt es dann beispielsweise in Abschnitt „I. Ansparphase“ unter Ziffer „5. Entgelt“ (Hervorhebung in fett durch uns):

Abschluss- und Vertriebskosten werden für den Altersvorsorgevertrag nicht berechnet.“

Und zwei Sätze weiter heißt es:

"Darüber hinaus können einmalige Verwaltungskosten beim Übergang von der Ansparphase in die Auszahlungsphase erhoben werden." 

Die erst genannte Klausel, wonach keine Abschluss- und Vertriebskosten berechnet werden, ist natürlich klar und verständlich und daher nicht zu beanstanden. Prüfen Sie das Angebot für eine VR-RentePlus-Sofortrente daher genau auf die darin enthaltenen Kostenarten:

  • Sie können ein Angebot verlangen, bei dem Abschluss- und Vertriebskosten nicht berechnet werden. Verweisen Sie  auf die zitierte vertragliche Vereinbarung.
  • Sofern Ihnen „jährliche übrige einkalkulierte Kosten“ berechnet werden, können Sie das Angebot ebenfalls nachbessern lassen, indem Sie auf Ihre vertragliche Vereinbarung verweisen.
  • Die Bank könnte allenfalls unter Bezug auf den Vertrag argumentieren, dass einmalige Verwaltungskosten erhoben werden dürfen. Diese werden meist als „einmalig übrige einkalkulierte Kosten“ bezeichnet.
     

Die VR-Rente Plus Verträge enthalten im Anschluss an den Abschnitt „I. Ansparphase“ meist einen Abschnitt „II. Auszahlungsphase“. Dort sind keinerlei Kosteninformationen aufgeführt. Vielmehr ist dort geregelt, wann die Bank ihren Kundinnen und Kunden spätestens ein Angebot für die Auszahlung der Rente unterbreiten wird. Erfolge keine rechtzeitige Mitteilung der Kundinnen und Kunden, würde die Bank nach ihrem Ermessen eine Auszahlungsform bestimmen. Wir haben, gestützt auf die BGH Rechtsprechung vom 27.04.2021 Zweifel, ob ein solches einseitiges Leistungsbestimmungsrecht überhaupt zulässig ist. Wir meinen daher, dass Sie sich mit der Bank einigen müssen, sonst kann die Verrentungsphase nicht wirksam beginnen. Ohne eine solche Einigung darf die Bank auch nicht Ihre Zustimmung zu einem kostenpflichtigen Verrentungsangebot voraussetzen. Überdies sollen Abschluss- und Vertriebskosten regelmäßig auch den „Beratungsaufwand“ der Vermittler finanzieren. Von einer Beratung kann aber nicht die Rede sein, wenn die Bank ohne Zustimmung der Kunden und Kundinnen die Verrentung selbst festlegt. Einigen Sie sich nicht auf eine Verrentung, bleibt der Rechtsrahmen für Ihren Riester Vertrag der bisherige, der sich aus dem VR-Rente Plus Vertrag ergibt.

Wie Sie sich wehren können

Die Verbraucherzentrale rät Riester-Sparern, ihre Verträge bereits vor Beginn der Rente zu überprüfen. Finanzinstitute dürfen bei Riester Verträgen nur Kosten verlangen, auf die sie vorvertraglich hingewiesen haben und die rechtmäßig sind. Ferner müssen Sie nach § 7b AltZertG spätestens drei Monate vor Beginn der Auszahlungsphase über die konkret anfallenden Kosten informiert werden. Ihnen dürfen keine Kosten in Rechnung gestellt werden, über die Sie vorab nicht informiert wurden und die gesetzlich nicht zulässig sind.

Prüfen Sie ferner, zwischen wem welcher Vertrag abgeschlossen werden soll. Nach unserer Kenntnis schließen die Kreditinstitute den Verrentungsvertrag selbst mit dem Versicherer ab („Versicherungsnehmer“) und vermerken Sie lediglich als begünstigte Person („Versicherte Person“). Sie können aber nicht mit Kosten belastet werden aus einem Vertrag, den Ihre Sparkasse oder Volksbank mit einer Versicherungsgesellschaft abschließt. Man spricht dann von einem Vertrag zu Lasten Dritter. Nach unserer Auffassung ist die Auswahl eines Versicherers und das Unterbreiten eines Verrentungsangebots keine für die Kunden zu erbringende Zusatzleistung, die einen Vergütungsanspruch begründen kann. Das Kreditinstitut schuldet diese Leistung bereits aus dem Altersvorsorgevertrag, der ja sonst kein Altersvorsorgevertrag wäre. Allenfalls könnte man argumentieren, dass Sie als Kunde Ihre Sparkasse bzw. Volksbank damit beauftragen können, zu Ihren Gunsten einen Versicherungsvertrag abzuschließen. Dann greift das gesetzliche Leitbild der Geschäftsbesorgung nach §662 ff BGB. Dies gibt Ihnen weitere Rechte:

  • Nur unter bestimmten Umständen darf Ihr Kreditinstitut von Ihren Weisungen abweichen (§665 BGB)
  • Dem Beauftragten wird eine Auskunft- und Rechenschaftspflicht auferlegt (§666 BGB)
  • Sie haben ein Recht auf Herausgabe von Zuwendungen (Provisionen), die Ihr Kreditinstitut vom Versicherer erhält (§667 BGB)
  • Sie müssen dem Kreditinstitut lediglich die entstandenen Aufwendungen ersetzen, das heißt die Kosten, welche beim Versicherer anfallen (§670 BGB). Dies schließt eine Gewinnmarge der Bank bzw. einen eigenen Vergütungsanspruch aus.
     

Ob Gerichte unserer Argumentationskette folgen werden, bleibt abzuwarten. Allerdings sind uns bereits Schlichtersprüche bekannt, in denen diese Argumente aufgegriffen und vertreten werden.

Bislang hat sich der Bundesgerichtshof mit den Kostenklauseln der Riester-Verträge noch nicht beschäftigt. Die Rechtslage ist also noch nicht abschließend geklärt (siehe vorstehende Übersicht zu unseren rechtlichen Maßnahmen). Möglicherweise finden die Anbieter auch legale Schlupflöcher, um eigene Kosten auf Kunden abzuwälzen und ihre Profite aus dem Riester Geschäft zu erhalten. Dennoch ist es Ihr gutes Recht, sich gegen unzulässige oder vor Vertragsabschluss nicht deutlich gemachte Kosten Ihres Riester Anbieters zu wehren. Wichtig ist, dass Sie sich wehren, bevor Sie ein Verrentungsangebot annehmen. Dazu können Sie unseren Musterbrief nutzen. Prüfen Sie aber zuvor, einer der beiden folgenden Sachverhalte für Ihren Vertrag zutreffend ist:

  1. Sie sind Kunde einer Sparkasse und/oder in Ihrem Vertrag steht eine Klausel, die sinngemäß wie folgt lautet: „Im Falle der Vereinbarung einer Leibrente werden dem Sparer ggfs. Abschluss- und/oder Vermittlungskosten belastet“
  2. Sie sind Kunde einer Volks- und Raiffeisenbank und/oder in Ihrem Vertrag steht sinngemäß „Abschluss- und Vertriebskosten werden für den Altersvorsorgevertrag nicht berechnet.“

 

Wenn Sie das Angebot mit den entsprechenden hohen Kosten für eine Rentenzahlung noch nicht angenommen haben und sich gegen die verlangten Kosten bzw. Provisionen wehren möchten, haben Sie derzeit folgende Optionen:

  • Das Verrentungsangebot unter Vorbehalt annehmen
    Sie können das Angebot annehmen und vor Vertragsabschluss handschriftlich vermerken, die geltend gemachten Kosten nur unter Vorbehalt zu entrichten. Teilen Sie Ihrem Kreditinstitut Ihre Verärgerung über die unerwarteten (hohen) Kosten mit und verweisen Sie auf die noch ausstehende rechtliche Klärung. Die Rückforderung zu Unrecht einbehaltener Entgelte unterliegt zwar der Verjährung. Die Regelverjährung tritt aber erst nach Ablauf des dritten Kalenderjahres seit Abbuchung bzw. seit Kenntnis des Anspruchs ein. Nach unserer Auffassung ist derzeit eine gesicherte „Kenntnis“ in Ermangelung gefestigter Rechtsprechung noch nicht anzunehmen.

  • Eine Nachbesserung des Verrentungsangebots fordern
    Je nach vertraglicher Vereinbarung (siehe oben zur Rechtslage bei Sparkassen und Volkbanken) können Sie gezielt die Berechnung einzelner Kostenarten zurückweisen und den Anbieter auffordern, ein neues Angebot vorzulegen, das lediglich die im ursprünglichen Vertrag genannten Kostenarten enthält. Dazu müssen sie den Wortlaut hierzu in Ihrem Vertrag genau lesen.

  • Das Verrentungsangebot nicht annehmen
    Wenn Sie mit den Kosten nicht einverstanden sind, ist es Ihr gutes Recht, ein zu teures Angebot auszuschlagen (Musterbrief). Denn wenn Sie das Angebot ohne jeglichen Vorbehalt annehmen, besteht das Risiko, dass der Anbieter Ihren Rückforderungsanspruch zurückweist mit der Begründung, dass Sie das Versicherungsangebot angenommen haben und damit erklärt haben, mit den dort genannten Kosten einverstanden gewesen zu sein.

  • Sie schalten selbst einen Anwalt ein
    Die Verbraucherzentrale kann lediglich die oben genannten Rechtsfragen im Rahmen einer Verbandsklage klären. Zur Klärung der Rechtslage ist es zwingend erforderlich, dass Betroffene auch selbst Ihre Ansprüche zivilrechtlich verfolgen. Es ist unklar, ob die Bank überhaupt Kosten für die Bereitstellung einer Rente verlangen darf, da sie vertraglich und gesetzlich bei einem Riester Vertrag ohnehin dazu verpflichtet ist, für eine Rentenzahlung zu sorgen. Die Kosten dafür müsste sie dann selbst tragen. Es ist ferner unklar, ob die Bank Provisionen vom Versicherer kassieren darf, wenn sie mit diesem einen Vertrag abschließt, bei dem Sie begünstigte Person sind. Wenn Sie einen Anwalt einschalten wollen, holen Sie sich Rat bei einer auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierten Anwaltskanzlei. Leider ist es uns nicht möglich, eine bestimmte Anwaltskanzlei zu empfehlen. Die Bundesrechtsanwaltskammer stellt eine Online-Datenbank mit allen in Deutschland zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten zu Verfügung. Dort können Sie nach Rechtsgebiet und Sitz der zuständigen Anwaltskammer gezielt nach Anwälten und Anwältinnen suchen. Wir würden uns freuen, wenn Sie uns über Fortgang und Ergebnis ihrer individuellen Rechtsdurchsetzung informieren.

  • Sie schalten die Schlichtungsstelle ein und informieren die Finanzaufsicht
    Schlichtungsstellen können einen außergerichtlichen Einigungsvorschlag unterbreiten. Meist suchen sie den Interessenausgleich zwischen der Anbieter- und der Verbraucherseite. Da es stets um Verrentungsangebote von Versicherern geht, können Sie sich an den Versicherungsombudsmann wenden. Kunden einer Volks- und Raiffeisenbank können sich ferner an die Schlichtungsstelle des Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, Kunden einer Sparkasse, die ihren Sitz in Baden-Württemberg haben, an den Sparkassenverband Baden-Württemberg und andere Sparkassen Kunden an den Deutschen Sparkassen- und Giroverband. In jedem Fall raten wir Ihnen, sich parallel auch bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zu beschweren, damit diese ihrer Aufsichtsfunktion nachkommen kann, indem sie rechtswidrige Praktiken unterbindet.

  • Sie kündigen Ihren Vertrag förderschädlich
    Ob und unter welchen Umständen sich eine Kündigung rechnet, hat die Stiftung Warentest hier (kostenpflichtig) ausführlich beschrieben. Alternativ können Sie hierzu auch einen Beratungstermin vereinbaren.

  • Sie holen Angebote bei anderen Anbietern ein
    Diese Option hat der Gesetzgeber zwar vorgesehen, sie scheitert aber derzeit an der Geschäftspolitik der Anbieter. Nach unserer Kenntnis gibt es derzeit keine Anbieter, die Kundinnen und Kunden, die zu Rentenbeginn wechseln wollen, annehmen. Wir würden uns aber freuen, wenn Sie einen Anbieter gefunden haben und uns dies mitteilen.

Wenn Sie das Angebot mit den entsprechenden hohen Kosten für eine Rentenzahlung bereits angenommen haben und sich nachträglich gegen die verlangten Kosten bzw. Provisionen wehren möchten, haben Sie folgende Optionen:

  • Sie fordern Erstattung mit unserem Musterbrief
    Allerdings könnte die Gegenseite einwenden, dass Sie sich mit den Kosten einverstanden erklärt haben, indem Sie das Verrentungsangebot angenommen haben. Ob dies zulässig war, ist derzeit rechtlich noch nicht geklärt. Wenn Sie dies klären lassen wollen, können Sie einen Anwalt einschalten (siehe oben).
     
  • Sie fordern Erstattung sämtlicher vom Versicherer erhaltenen Zuwendungen (Provisionen)
    Möglicherweise lässt sich Ihr Kreditinstitut auch auf einen Kompromiss ein, da die Rechtlage für beide Seiten noch unklar ist. Dieser könnte darin bestehen, dass Ihr Kreditinstitut sämtliche Provisionen und sonstige Zuwendungen, die es vom Versicherer für die Vermittlung des Verrentungsangebotes erhalten hat, an Sie zurückzahlt. Ob ein solcher Kompromiss für Sie akzeptabel ist, müssen Sie selbst entscheiden.

 

Immer Ärger mit Riester

Die unzulässigen Abschlusskosten sind bei weitem nicht das einzige Ärgernis mit Riester, das in der Verbraucherberatung an die Verbraucherzentralen herangetragen wird:

  • Wenn Versicherer unzulässig doppelt abkassieren

Bei Riester-Rentenversicherungen vieler Versicherer haben Versicherte in bestimmten Konstellationen doppelte Abschluss- und Vertriebskosten auf Teilbeiträge zahlen müssen.    Riester-Sparer mit Kindern hat das besonders häufig getroffen. Das Verhalten der Versicherer hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) als rechtswidrig eingestuft. Weitere Informationen hierzu haben wir hier für Sie zusammengestellt.

 

  • Wenn Sparkassen und Volksbanken Zinsen falsch berechnen

Bei einigen Riester-Banksparplänen haben Sparkassen und Volksbanken eine weitere unzulässige Klausel in die Verträge geschrieben. Hierbei geht es um die Berechnung der veränderlichen Grundzinsen. Wer so einen Vertrag hat, kann teilweise eine vierstellige Summe Zinsen nachfordern. Hier können Sie nachlesen, wann Sie Ihren Vertrag überprüfen lassen sollten und wie Sie Geld nachfordern können.

 

Warum Riester gescheitert ist und was wir stattdessen fordern

Die Beschwerden über die Riester-Rente in der Verbraucherberatung der Verbraucherzentralen reißen seit Jahren nicht ab. Immer wieder geht es dabei um die Kosten, die Anbieter von Riester-Verträgen in Rechnung stellen. Ein Großteil der Sparbeiträge verschwindet aufgrund der hohen Provisionen, der Abschluss- und Verwaltungskosten. Die hier dargestellten rechtswidrigen Praktiken sind nur die Spitze des Eisbergs. Das Verhalten der Anbieter von Riester-Sparverträgen geht direkt zu Lasten der Renten der Sparer. Wenn die Politik an einer Rente über den Kapitalmarkt festhalten möchte, dann hat sie dabei die Verbraucherinteressen in den Mittelpunkt zu stellen. Deshalb setzen wir uns politisch für ein standardisiertes Basisprodukt in der privaten Altersvorsorge ein. Weitere Informationen hierzu finden Sie hier