Vorbeugen mit einer Vollmacht: Sie regelt was passiert, wenn Sie durch Krankheit oder Tod Ihre Online-Accounts nicht mehr verwalten können.
Foto:
Syda Productions / stock.adobe.com
Das Wichtigste in Kürze:
- Regeln Sie rechtzeitig, wer sich um Ihre digitale Vorsorge und Ihr digitales Erbe kümmern soll und legen Sie fest, was mit Ihren einzelnen Konten und Daten passieren soll, wenn Sie sich nicht mehr darum kümmern können.
- Es ist sinnvoll, eine Person des Vertrauens mit allen Aufgaben rund um Ihr digitales Leben zu betrauen. Halten Sie dies schriftlich in einer Vollmacht fest.
- Erstellen Sie zudem eine Übersicht aller Accounts mit Benutzernamen und Kennworten für Ihre Vertrauensperson. Nutzen Sie dazu das Online-Tool der Verbraucherzentralen.
On
Was steckt hinter dem digitalen Leben?
Unsere Gesellschaft und damit auch unser Leben werden immer digitaler. Viele von uns nutzen E-Mail-Konten, haben Profile in sozialen Netzwerken, kommunizieren über Messenger-Dienste wie WhatsApp & Co., schließen Verträge online ab oder nutzen Smart-Home-Geräte in ihrem Zuhause. Egal, ob wir nur einzelne Online-Dienste nutzen oder unser gesamtes Leben digitalisieren: Jeder sollte sich Gedanken darüber machen, was mit diesem digitalen Leben in Zukunft passieren soll, wenn man sich nicht mehr selbst darum kümmern kann. Ein online abgeschlossenes Abo (zum Beispiel Energieversorger-, Handy- oder Festnetzverträge) läuft in der Regel so lange weiter, bis der Vertrag gekündigt wird. Wenn eine Person verstorben ist oder aufgrund von Krankheit oder Unfall nicht mehr selbst handeln und entscheiden kann, müssen die Verträge verwaltet oder gekündigt werden.
Beispiel: In Folge eines Unfalls kann eine Person keine eigenen Entscheidungen mehr treffen und wird zum Pflegefall. Sie muss in ein Pflegeheim umziehen. Wenn dann die Mietwohnung gekündigt wird, müssen Verträge wie Energie oder Festnetz und andere kostenpflichtige Verträge, die nicht mehr benötigt werden, gekündigt werden. Wenn diese nur online verwaltet werden, sind die Zugangsdaten erforderlich. Andernfalls wird es schwierig, mit dem Unternehmen in Kontakt zu treten oder sich zu legitimieren.
Was ist zu tun?
Der Begriff „digitale Vorsorge” bzw. „digitaler Nachlass“ bezeichnet die Regelung, wer noch während Ihrer Lebzeiten oder im Falle Ihres Todes Zugriff auf Ihre elektronisch geführten Zugänge oder Verträge hat. Sie können die digitale Vorsorge und den digitalen Nachlass gemeinsam regeln. Dies können Sie mit einer entsprechenden Vollmacht tun. Mit dieser bevollmächtigen Sie eine Person Ihrer Wahl. Wenn diese Person anschließend auch Ihren digitalen Nachlass regeln soll, muss die Vollmacht über den Tod hinaus gelten.
Tipp: Erstellen Sie zusätzliche eine Liste über Ihre Online-Konten. Sie ist immer sinnvoll, damit sich die betreffende Person schnell einen Überblick verschaffen kann. Andernfalls müsste sie erst zeitaufwändig herausfinden, um welche Online-Konten sie sich kümmern soll.
Beispiele
Anhand von Beispielen soll gezeigt werden, welche Probleme entstehen können, wenn es keine Regeln für die Verwaltung von Online-Konten gibt.
- Bank
Unabhängig davon, ob Sie ein Online-Konto bei einer Filialbank oder einer Direktbank haben: Erkundigen Sie sich vorher bei Ihrer Hausbank, wie Sie jemanden als Bevollmächtigten oder Nachlassverwalter einsetzen können. Oft reicht die Weitergabe der Zugangsdaten zum Online-Konto nicht aus, sondern es fehlt noch ein zweiter Faktor für die sogenannte 2-Faktor-Authentifizierung, um Zugriff auf das Online-Konto zu haben.
Hinweis: Wenn Sie einer dritten Person Zugang zu Ihrem Online-Konto geben, können Sie Ärger mit Ihrer Bank bekommen. Bucht der Dritte unberechtigterweise Geld vom Konto ab, bekommen Sie oder Ihre Erben den Schaden nicht ersetzt.
- Smart Home
Smart-Home-Geräte können praktisch sein und uns das Leben erleichtern. Das können zum Beispiel Kühlschränke oder Heizungen sein, die über eine App auf dem Smartphone gesteuert werden. Doch was passiert, wenn der Administrator schwer erkrankt oder verstirbt? Die Steuerung der Geräte ist dann nicht mehr möglich, wenn dies nicht vorher geregelt wurde. Hier sollte eine zusätzliche Person aus dem Haushalt als Administrator aufgenommen werden. Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in diesem Artikel.
- Kostenpflichtige Verträge
Heute werden viele Verträge nur noch online abgeschlossen. Dokumente sind dann oft nicht mehr in Papier vorhanden, sondern sind nur noch digital gespeichert. In der Regel enden diese Verträge nicht automatisch mit dem Tod, sondern laufen so lange weiter, bis sie gekündigt werden. Bevollmächtigte oder Erben müssen für die Kündigung dieser Verträge den Zugang kennen. Nur sehr wenige Verträge, wie z.B. Online-Partnervermittlungsverträge, enden mit dem Tod des Erblassers, da es sich hierbei um Dienstleistungen höchstpersönlicher Art handelt.
- Soziale Netzwerke
Soziale Netzwerke sind aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken – egal, ob wir selbst Beiträge, Kommentare oder sonstige Inhalte posten oder nur passiv Inhalte konsumieren. Mit dem erstellten Profil und dem Nutzungsverhalten liegen sehr viele Informationen über Sie beim Anbieter. Unter Umständen sind diese sogar öffentlich einsehbar und über Suchmaschinen auffindbar. Gerade im Todesfall stellt sich daher die Frage, was mit dem Profil geschehen soll. Informieren Sie sich bei Ihrem Anbieter, welche Möglichkeiten es in diesem Fall gibt. So kann beispielsweise ein Kontakt angegeben werden, der das Profil in einen Gedenkzustand versetzt. Wenn Sie einen Bevollmächtigten oder Erben als Kontakt für die Verwaltung Ihrer Social-Media-Konten benennen, reicht der Nachweis durch eine Vollmacht oder ein Testament nicht immer aus. Daher ist es umso wichtiger, dass die Zugangsdaten hinterlegt sind, um im Notfall schnell handeln zu können.
Tipps der Verbraucherzentrale
Unsere Tipps sollen helfen, alles Wesentliche zu bedenken und zu regeln:
- Kümmern Sie sich frühzeitig um Ihr digitales Leben.
- Verschaffen Sie sich einen Überblick über alle Ihre Online-Aktivitäten, zum Beispiel Anmeldungen, Registrierungen, Apps und Kundenkonten.
- "Weniger ist schon vorher Mehr": Nutzen Sie die Gelegenheit und löschen Sie zunächst die Online-Konten, die Sie nicht mehr nutzen oder benötigen.
Wichtig: Das Löschen einer App reicht nicht aus, das Konto beim Anbieter bleibt davon unberührt. Bevor Sie eine App löschen, müssen Sie zunächst den Dienst beziehungsweise den Nutzungsvertrag mit dem Anbieter kündigen. Erst danach können Sie die App vom Endgerät löschen. - Erstellen Sie eine Übersicht Ihrer Online-Konten inklusive Zugangsdaten. Meist bestehen diese aus einem Benutzernamen (oft die E-Mail-Adresse) und einem Passwort. Viele Konten – vor allem solche mit persönlichen oder sensiblen Informationen – sind zusätzlich durch eine sogenannte Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA) geschützt. Dabei wird zum Beispiel ein Code auf Ihr Smartphone gesendet oder eine App genutzt. In solchen Fällen reichen Benutzername und Passwort allein nicht aus.
- Empfehlenswert ist außerdem, die Übersicht um die Kontaktdaten des Anbieters und die jeweiligen Vertragsnummern zu ergänzen.
- Falls Sie einen Passwortmanager verwenden, sollten Sie bedenken, dass Sie auch das Masterpasswort in die Liste aufnehmen sollten. Die Stiftung Warentest hat zuletzt im Juli 2022 Testergebnisse für 16 Passwort-Manager veröffentlicht.
- Legen Sie in der Liste detailliert fest, wie mit Ihren Online-Konten umgegangen werden soll: Welche Daten sollen gelöscht werden? Was passiert mit dem Profil in einem sozialen Netzwerk? Wo liegen Fotos der vergangenen Jahre und was soll mit diesen geschehen? Mit dem Online-Tool zum digitalen Nachlass der Verbraucherzentralen können Sie eine individuelle Liste erstellten.
- Legen Sie auch fest, was mit Ihren Endgeräten wie Computer, Smartphone oder Tablet und den darauf gespeicherten Daten geschehen soll.
- Eine gedruckte oder handschriftliche Liste kann helfen, den Überblick zu behalten. Denken Sie auch daran, wie Ihr Bevollmächtigter im Notfall auf Ihr Smartphone, Ihre Authentifizierungs-App oder Ihre Sicherheitscodes zugreifen kann.
- Bewahren Sie die Liste mit Ihren Online-Konten an einem sicheren Ort auf und stellen Sie sicher, dass sie stets aktuell bleibt. Achten Sie bei der Auswahl des Aufbewahrungsortes darauf, dass auch eine regelmäßige Aktualisierung der Liste möglich ist. Fügen Sie neue Konten hinzu und entfernen Sie jene, bei denen Sie sich abgemeldet haben.
- Wichtig: Ihre Vertrauensperson muss im Ernstfall darauf zugreifen können. Teilen Sie Ihr mit, wo sich Ihre Liste befindet.
- Bestimmen Sie eine Person Ihres Vertrauens als Bevollmächtigten und Verwalter Ihres digitalen Lebens. Legen Sie in einer Vollmacht fest, wer sich um Ihr digitales Leben kümmern soll. Das Online-Tool für den digitalen Nachlass der Verbraucherzentralen hilft Ihnen dabei. Weitere Informationen zur Vorsorgevollmacht finden Sie in diesem Artikel.
- Die Vollmacht müssen Sie mit Datum und Unterschrift versehen. Wichtig ist auch, dass die Vollmacht "über den Tod hinaus" gilt.
- Übergeben Sie die Vollmacht an Ihre Vertrauensperson und informieren Sie Ihre Angehörigen darüber, dass Sie Ihr digitales Leben auf diese Weise geregelt haben.
- Es gibt auch Unternehmen, die eine kommerzielle Verwaltung Ihres digitalen Erbes anbieten. Die Sicherheit solcher Anbieter ist jedoch schwer zu beurteilen. Zudem ist nicht garantiert, dass es den Anbieter überhaupt noch gibt, wenn es einmal darauf ankommt. Wenn Sie einen kommerziellen Nachlassverwalter beauftragen wollen, erkundigen Sie sich genau nach dem Leistungsumfang und den Kosten.
- Keinesfalls sollten Passwörter einem Unternehmen anvertraut werden. Computer, Smartphones oder Tablets sollten auch nicht an kommerzielle Anbieter weitergegeben werden, die die Geräte nach dem digitalen Nachlass durchsuchen. Dabei können zu viele persönliche Daten an Unbefugte gelangen.