Die Sparkassen haben einen wichtigen öffentlichen Auftrag. Als Anstalten des öffentlichen Rechts sollten sie im öffentlichen Interesse handeln. Sie haben die angemessene und ausreichende Versorgung aller Bevölkerungskreise mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen auch in der Fläche sicherzustellen sowie den Sparsinn und die Vermögensbildung breiter Bevölkerungskreise zu fördern. Das ist, anders als bei anderen Banken, landesrechtlich geregelt. Doch werden sie diesem Auftrag noch gerecht?
In unserer Beratungspraxis begegnen uns regelmäßig Fälle, die diesem Auftrag widersprechen:
- Zinspolitik zulasten der Verbraucher:innen: Während die EZB den Einlagenzins auf 4 % erhöht hat, zahlen Sparkassen auf Tagesgeld oft nur 0,001 bis 0,25 %. Bei negativen EZB-Zinsen wurde hingegen das volle Verwahrentgelt weitergegeben.
- Fehlberatung statt Vermögensbildung: Statt bedarfsgerechter Beratung verkaufen Sparkassen teure, unflexible oder riskante Produkte auf Provisionsbasis – etwa komplexe Zertifikate, die für viele Kund:innen ungeeignet sind.
- Filialschließungen und eingeschränkter Zugang: Besonders ältere und weniger mobile Menschen verlieren durch die Ausdünnung des Filialnetzes den Zugang zu Bargeld und Finanzdienstleistungen.
- Umgang mit Gerichtsurteilen: Rückzahlungen aufgrund unzulässiger Klauseln erfolgen oft nur auf Druck. Zinsberechnungen bei langfristigen Sparverträgen sind weiterhin fehlerhaft. Riester-Verträge wurden mit intransparenten Kosten verkauft, Bonusansprüche rechtswidrig verrechnet.
- Förderkredite werden nicht angeboten: Statt günstiger KfW-Darlehen werden teurere eigene Kredite vertrieben – mit höheren Kosten für Verbraucher:innen.
- Problematische Bildungsangebote: Das „Planspiel Börse“ vermittelt ein verzerrtes Bild der Finanzwelt. Es vermittelt Anti-Kompetenz, denn wer als „Sieger“ daraus hervorgehen will, muss den höchsten Depotwert erreichen. Das ist nur möglich bei Inkaufnahme maximaler Risiken. Damit wird die Spekulation gefördert, nicht jedoch die wohlüberlegte bedarfsgerechte Geldanlage.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen fordern wir eine grundlegende Reform des Sparkassengesetzes für Baden-Württemberg in folgenden Punkten:
- Tatsächlicher flächendeckender Zugang zu geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen.
- Gemeinwohlorientierung statt Gewinnerzielungsabsicht als Leitprinzip.
- Verankerung einer Verpflichtung der Sparkassen zur Folgenbeseitigung bei Feststellung rechtswidriger Praktiken.
- Marktgerechte Verzinsung von Einlagen, wobei für kurzfristige Einlagen der EZB-Einlagenzinssatz maßgeblich ist.
- Förderung des örtlichen Kreditbedarfs und Weiterleitung von KfW-Fördermitteln.
- Streichung des Bildungsauftrags aus dem Gesetz. Sparkassen sind Unternehmen, die nicht die Interessen der Verbraucher:innen vertreten. An Verbraucher:innen adressierte Bildungsangebote sind vor diesem Hintergrund Kundenbindungsinstrumente, die etwa in der Schule und auch in Lehrerfortbildung nichts zu suchen haben.
Diese Änderungen stärken nicht nur die Rechte der Verbraucher:innen, sondern konkretisieren auch den öffentlichen Auftrag der Sparkassen und machen ihn rechtlich einklagbar. Um Willkür zu verhindern, braucht es zudem eine unabhängige Aufsicht, die die Einhaltung überwacht.