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Von Haltungsform bis Tierwohl: Alles zur Tierhaltungskennzeichnung

Stand:
Bei Fleisch- und Milchpackungen im Handel sind oft verschiedene Label aufgedruckt, zum Beispiel Siegel, die über die Art der Tierhaltung informieren. Die recht verbreitete Haltungsform-Kennzeichnung wird von 4 auf 5 Stufen umgestellt. Dieser Artikel erklärt die Begriffe und bietet Orientierung.
Maschinelle Herstellung von Fleisch: Im Vordergrund läuft ein Fließband mit fertigen Packungen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Haltungsform-Kennzeichnung ist ein freiwilliges Label der Landwirtschaft und nur bei teilnehmenden Händlern zu finden.
  • Mit der Haltungsform können die wichtigsten Fleischarten und Milch gekennzeichnet werden.
  • Die Haltungsform wird seit 2024 nach und nach von 4 auf 5 Stufen umgestellt. Derzeit gibt es beide Varianten im Handel.
  • Erst die Haltungsformen ab Stufe 3 signalisieren deutlich verbesserte Tierhaltungsbedingungen.
  • Das verpflichtende staatliche Tierhaltungskennzeichen für Schweinefleisch, das im August 2025 kommen sollte, ist zunächst auf das Jahr 2026 verschoben worden. An der konkreten Ausgestaltung wird derzeit gearbeitet.
  • Haltungsform und das staatliche Zeichen sind keine Tierwohl-Label, sondern zeigen lediglich die Art und Weise der Tierhaltung an.
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Tierschutz steht hoch im Kurs. Immer mehr Verbraucher:innen wollen, dass Tiere gut leben, bevor sie geschlachtet werden. Der Handel reagiert darauf seit Jahren mit immer neuen Marken und Labeln, die bessere Tierhaltung, Tierwohl und Tierschutz versprechen. In diesem Siegel-Dschungel fällt die Orientierung schwer. Im April 2019 hatte sich der Handel auf die einheitliche Haltungsform-Kennzeichnung geeinigt.

Die freiwillige Haltungsform-Kennzeichnung des Handels

Mit dem zunächst 4-stufigen Label wird hauptsächlich Fleisch von Schweinen, Rindern, Hühnern und Puten gekennzeichnet, das in den Selbstbedienungstheken der teilnehmenden Händler ausliegt. Seit 2021 können auch Fleisch von Kaninchen, Peking-Enten sowie Milch und Milchprodukte mit der Haltungsform gekennzeichnet werden. Immer öfter finden Sie die freiwilligen Siegel auch bei Wurst und teilweise unverpacktem Fleisch an den Bedienungstheken der teilnehmenden Supermärkte.

Achtung: Das System der Haltungsform-Label ist genau umgekehrt im Vergleich zur Eierkennzeichnung. Während die Eierkennzeichnung dem Schulnotensystem folgt – die beste Note 1 gibt es für die Freilandhaltung – steht bei der Haltungsform-Kennzeichnung von Fleisch die Stufe 1 nur für die Stallhaltung nach gesetzlichem Mindeststandard. Über Haltungsform 2, 3 und 4 werden die Haltungsbedingungen der Tiere dann immer weiter verbessert.

Die Verbraucherzentralen haben von Anfang an kritisiert, dass der Handel mit seiner Haltungskennzeichnung nicht der von Eiern bekannten Systematik gefolgt ist.

Welche Standards die jeweiligen Produkte erfüllen, zeigt die Stufe auf dem Label:

Kennzeichnung zur Haltungsform
Quelle: www.haltungsform.de, Gesellschaft zur Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung mbH
Haltungsform 1 "Stallhaltung"

Haltungsform 1 steht bei Fleisch von Schweinen, Hähnchen und Kaninchen für die Tierhaltung nach dem gesetzlichen Mindeststandard. Bei Fleisch von Puten, Rindern und Enten sowie bei Milch und Milchprodukten zeigt Stufe 1 die branchenübliche Haltung an, da es für diese Tierarten keine speziellen gesetzlichen Haltungsvorschriften gibt. Bei den Rindern ist in dieser Stufe von ganzjähriger Stallhaltung auszugehen und auch Anbindehaltung ist möglich. Die Betriebe müssen an einem Qualitätssicherungsprogramm wie dem Prüfsystem "QS" teilnehmen.

Haltungsform 2 "StallhaltungPlus"

Mit Ausnahme der Pekingenten und der Milchkühe haben die Tiere bei Haltungsform 2 etwas mehr Platz im Stall (Beispiel Schwein: + 10 Prozent) und zusätzliches Beschäftigungsmaterial. Die Ställe der Enten müssen ab dieser Stufe Tageslicht haben, Fleischrinder und Milchkühe dürfen nicht das ganze Jahr über angebunden sein.

Haltungsform 3 "Außenklima"

Haltungsform 3 bedeutet, dass die Tiere Kontakt mit dem Außenklima haben, beispielsweise durch eine nach außen offene Stallseite oder in einem überdachten Außenbereich am Stall. Außerdem haben die Tiere – außer Enten – noch mehr Platz im Stall (Beispiel Schwein: + 40 Prozent). Die Anbindehaltung von Rindern ist ab dieser Stufe verboten.

Haltungsform 4 "Premium"

Haltungsform 4 bietet den Tieren einen tatsächlichen Auslauf im Freien und außerdem den meisten Platz im Stall (Beispiel Schwein: + 100 Prozent) – nur für die Pekingenten gibt es in allen 4 Haltungsformen dieselben Vorgaben zum Platzangebot im Stall. Das Futter ist in dieser Haltungsform ohne Gentechnik
Bei der 4-stufigen Kennzeichnung finden sich in dieser Stufe sowohl Biofleisch als auch konventionell erzeugtes Fleisch.

"Haltungsform" wird 5-stufig

In Ladenregalen liegen seit Sommer 2024 zunehmend Produkte mit dem neuen 5-stufigen Haltungsform-Label. Die 5-stufige Kennzeichnung wird die 4-stufige komplett ablösen, wenn das noch vorhandene Verpackungsmaterial aufgebraucht ist.

Anlass der Umstellung war das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz der Bundesregierung aus dem Jahr 2023, das die Einführung einer 5-stufigen verpflichtenden staatlichen Tierhaltungskennzeichnung (siehe unten) in 2025 vorsah. Die 5 neuen Haltungsform-Stufen entsprechen den im Gesetz beschriebenen Stufen der staatlichen Kennzeichnung: "Stall", "Stall + Platz", "Frischluftstall", "Auslauf/Weide" und "Bio".

Die 5 Stufen der Tierhaltungsform
Die wesentliche Änderung des Haltungsform-Systems besteht in der Aufspaltung der ursprünglichen Haltungsform in

  • die neue Haltungsform 4 – "Auslauf/Weide" für die konventionell erzeugten Produkte und
  • die neue Haltungsform 5 – "Bio" für die ökologisch erzeugten Produkte.

Die Anforderungen der einzelnen Stufen für Schweinefleisch wurden inhaltlich an das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz angeglichen, was jedoch keine großen Veränderungen bedeutet.

Da derzeit (Stand September 2025) schätzungsweise die Hälfte der Produkte noch 4-stufig gekennzeichnet ist, sind hier die Eckpunkte der 4 Stufen dargestellt. Die Kriterien der neuen 5-stufigen Haltungsform-Kennzeichnung lesen Sie auf der verlinkten Website.

Fazit: Nach Auffassung der Verbraucherzentralen stehen einzig die Haltungsformen 3 und 4 sowie die neue Haltungsform 5 für eine deutlich verbesserte Tierhaltung.

Größeres Angebot von Fleisch und Milch aus deutlich verbesserter Tierhaltung nötig

Um Verbraucher:innen wirklich Wahlfreiheit zu bieten, braucht es ein ausreichendes Angebot tierischer Produkte aus allen Haltungsformen. Doch noch immer stammt das Angebot überwiegend aus den Haltungsformen 1 und 2. Bei den höheren Haltungsformen ist die Auswahl deutlich geringer. Immerhin zeigt sich eine erfreuliche Zunahme des Angebots von Rind- und Putenfleisch sowie Trinkmilch aus Haltungsform 3.

Die Verbraucherzentralen fordern die Lebensmittelwirtschaft auf, das Angebot von Fleisch und Milch – einschließlich der weiter verarbeiteten Produkte wie beispielsweise Wurst, Joghurt und Käse – in den Haltungsform-Stufen 3, 4 und 5 deutlich auszuweiten.

Wann kommt die verpflichtende staatliche Tierhaltungskennzeichnung?

Nach jahrelangem politischem Ringen wurde im Juni 2023 die Einführung einer verpflichtenden staatlichen Tierhaltungskennzeichnung vom Bundestag beschlossen. Das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz sah vor, dass ab August 2025 frisches, unverarbeitetes Schweinefleisch aus Deutschland mit dem schwarz-weißen Zeichen "TIERHALTUNG" versehen werden muss. Das ausgefüllte Feld im Label zeigt an, wie die Schweine gehalten wurden.

Das staatlich verpflichtende Tierhaltungslabel
Quelle: www.bmel.de, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft

Die neu gewählte Bundesregierung verschob die Umsetzung auf März 2026, um die Vorschriften bis dahin praxistauglich zu gestalten. Doch auch dieser Termin wackelt, denn aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gibt es massive Kritik an dem Gesetz. Teilweise wird die Zeit bis März 2026 als zu knapp angesehen, ein funktionsfähiges Kennzeichnungssystem zu etablieren. Die Forderungen reichen von einer Überarbeitung des Gesetzes bis hin zu seiner Aufhebung.

Fazit: Wir können derzeit weder die Frage beantworten, wann das staatliche Tierhaltungskennzeichen kommt noch ob es überhaupt kommen wird. Aus Sicht der Verbraucherzentralen und des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) darf der Start der verpflichtenden Kennzeichnung jedoch nicht weiter verzögert werden, sondern muss zum 1. März 2026 erfolgen.

Tierhaltungs-Kennzeichnungen sind keine Tierwohllabel

Die Haltungsform-Kennzeichnung des Handels und die staatliche Tierhaltungskennzeichnung sind gute Ansätze für mehr Transparenz im Angebot von Fleisch und Milch. Sie garantieren aber nicht, dass es den Tieren wirklich gut gegangen ist. Denn mehr Platz und Beschäftigungsmaterial im Stall bedeuten nicht automatisch mehr Tierwohl.

Für verlässliche Aussagen zum Tierwohl müssten verhaltens- und gesundheitsbezogene Kriterien wie Lahmen, Verletzungen oder Organbefunde in den tierhaltenden Betrieben und am Schlachthof systematisch erhoben, ausgewertet und bei Bedarf nachgebessert werden. Diese Kriterien werden bei der staatlichen Tierhaltungskennzeichnung nicht und bei der Haltungsform-Kennzeichnung unzureichend berücksichtigt.

Tierschutzlabel und Tierwohl-Siegel

Der Begriff Tierwohl und wie er verwendet wird, ist gesetzlich nicht definiert. Fachkreise sind sich zwar einig, dass Tierwohl die Gesundheit, die Möglichkeit zur Ausübung natürlicher Verhaltensweisen und einen guten emotionalen Zustand umfasst. Allerdings ist das nur eine grobe Einordnung mit viel Raum für Interpretationen. Institutionen beurteilen Tierwohl daher oft sehr unterschiedlich.

Tierschutzlabel

Tierschutzlabel

Die Anforderungen des Tierschutzlabels "FÜR MEHR TIERSCHUTZ" des Deutschen Tierschutzbunds gehen über die Tierhaltung hinaus und betreffen auch die Bereiche Tiertransport und Schlachtung. Ferner werden verhaltens- und gesundheitsbezogene Aspekte, sogenannte tierbezogene Kriterien, erhoben, und zwar nicht erst an den geschlachteten Tieren, sondern auch schon bei den lebenden Tieren im Tierhaltungsbetrieb.

Durch Kontrolle und Bewertung des Tierverhaltens und des körperlichen Zustands kann Verbesserungsbedarf in der Haltung erkannt werden, woraufhin Maßnahmen ergriffen werden müssen. 

  • Beim Tierverhalten wird beispielsweise die Lauffähigkeit von Masthühnern und Rindern überprüft.
  • Zur Bewertung des körperlichen Zustands werden bei Schweinen und Rindern zum Beispiel die Schwänze kontrolliert und bei Legehennen der Gefiederzustand.

Bewertung der Verbraucherzentralen: Diese Tierschutzmaßnahmen sind wichtige Beiträge zu mehr Tierwohl und rechtfertigen die Bezeichnung des Labels als Tierschutzlabel.

Tierwohl-Siegel der Initiative Tierwohl

Die Initiative Tierwohl, ein Zusammenschluss von Land- und Fleischwirtschaft und Lebensmittelhandel, versteht sich als "Förderprogramm für Tierwohl und Kontrollsystem". Ziel ist, das Tierwohl für möglichst viele Tiere in möglichst zahlreichen Betrieben zu verbessern. Dies kann nur gelingen, wenn die Anforderungen des Programms nicht besonders hoch sind, sonst wären viele Betriebe nicht zur Teilnahme bereit.

Entsprechend gering sind die Verbesserungen für die Tiere gegenüber den gesetzlichen Mindestanforderungen. Die Fleischprodukte werden mit der Haltungsform 2 gelabelt. 

Die Initiative Tierwohl hat ein eigenes Produktsiegel herausgegeben, das Fleisch und Fleischerzeugnisse kennzeichnet, die von Tieren aus teilnehmenden Betrieben stammen. Die Initiative bezeichnet dieses Produktsiegel selbst als Tierwohl-Siegel.

Logo der Initiative Tierwohl

Die Verbraucherzentralen begrüßen jede Verbesserung der Tierhaltungsbedingungen. Der Ansatz, durch niedrige Anforderungen eine möglichst breite Teilnahmebereitschaft zu erreichen, ist nachvollziehbar. Jedoch rechtfertigen die geringen Verbesserungen nach Auffassung der Verbraucherzentralen nicht, von einem "Tierwohl-Siegel" zu sprechen.

Das fordern die Verbraucherzentralen

  1. Die Lebensmittelbranche muss das Angebot von Produkten in den Haltungsform-Stufen 3 bis 5 beziehungsweise "Frischluftstall", "Auslauf/Weide" und "Bio" deutlich ausweiten.
  2. Die Bundesregierung muss die staatliche Tierhaltungskennzeichnung zügig umsetzen und auf die weiteren Tierarten sowie Gastronomie und verarbeitete Produkte erweitern. Außerdem muss sie den Tierschutz verbessern, indem sie die gesetzlichen Tierhaltungsstandards anhebt. Auch sollte die Einführung eines obligatorischen nationalen Tierwohl-Monitorings und die Verschärfung der Kontrollen und Sanktionen bei Verstößen verfolgt werden.
  3. Auf EU-Ebene muss sich die Bundesregierung für die Einführung einer verbindlichen europäischen Kennzeichnung einsetzen, die Transparenz über das gesamte Angebot schafft – gleich ob Inlands- oder importierte Produkte.
Mehrere Schweine stehen in einem geräumigen Stall auf Stroh.

Tierschutz und Tierwohl: Infos und Einkaufstipps

Die übliche intensive Haltung kann für Tiere und Umwelt zum Problem werden. Wir geben Tipps, worauf Sie beim Einkauf von Schweine-, Rinder- und Geflügelprodukten im Dschungel der verschiedenen Label und Haltungsangaben achten können.

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