Kostenloses Online-Seminar "Energiewende für Mieter und WEG-Mitglieder“ am 12. Dezember um 18 Uhr. Jetzt hier anmelden und bequem von zuhause aus teilnehmen. 

Clean Meat – ist Laborfleisch die Zukunft?

Stand:
Im Labor hergestellte Fleisch- oder Fischprodukte könnten einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Lebensmittelherstellung der Zukunft leisten. Voraussetzungen dafür wären eine ressourcenschonende Produktion und eine transparente Kennzeichnung.
Künstlich hergestelltes Fleisch liegt im Labor in einer Schale

Das Wichtigste in Kürze:

  • Clean Meat, das im Labor aus gezüchteten Zellkulturen hergestellt wird, gilt als neuartiges Lebensmittel und benötigt in der Europäischen Union (EU) eine Zulassung.
  • Ob die Herstellung von Laborfleisch umweltfreundlicher ist als die herkömmliche Fleischproduktion, kann in diesem frühen Stadium noch nicht eindeutig belegt werden. Sie könnte Ressourcen wie Landfläche einsparen, benötigt jedoch zurzeit mehr Energie.
  • Für Nährlösungen zur Zucht der Zellen werden meist noch immer Tiere getötet. Das widerspricht der Vorstellung vieler Verbraucher:innen von einer Produktion ohne Tierleid.
  • Eine transparente Kennzeichnung und verständliche Informationen sind notwendig. Der generelle Nutzen, die Unbedenklichkeit und der Gesundheitswert müssen deutlich werden.
On

Fleisch, das im Labor aus Zellkulturen gezüchtet wird, ist keine Science-Fiction mehr. Seit Ende 2020 verkauft der amerikanische Hersteller Eat Just in Singapur Hühnerfleisch, das im Labor aus Zellkulturen gewachsen ist, nachdem er dort eine Zulassung für den Verkauf in Restaurants erhalten hatte. Um Kosten zu senken, wird das reine Laborfleisch mit Pflanzenproteinen "gestreckt". Das Verhältnis zwischen tierischen und pflanzlichen Proteinen bleibt Geheimnis des Herstellers.

Auch beim Fisch gibt es erste Bestrebungen, um nicht nur dem Tierleid, sondern langfristig auch der Überfischung der Meere etwas entgegenzusetzen.

Wie wird Laborfleisch hergestellt?

Laborfleisch (In-Vitro-Fleisch) wird mittels "Tissue Engineering" hergestellt:

  • Hierbei wird einem Tier zunächst Muskelgewebe entnommen.
  • Aus diesem Gewebe werden Stammzellen gewonnen und
  • mit einem Nährmedium, das für optimale Bedingungen sorgt, in einem Behälter (Bioreaktor) vermehrt.
  • Dabei durchlaufen die Zellen verschiedene Stadien und entwickeln Muskeln. Über ein Trägergerüst, meist aus tierischem Kollagen, wachsen die Zellen zu einer größeren Masse zusammen.

Auf diese Weise entstehen sehr dünne Fleischschichten. Die Masse ähnelt Hackfleisch. Rund 20.000 dieser Muskelzellen-Fasern benötigt man etwa für einen Burger. Zusätzlich werden in ähnlicher Weise Fettzellen gezüchtet, um zusammen mit dem Muskelgewebe den Geschmack von echtem Fleisch möglichst nahe zu kommen.

Start-ups experimentieren derzeit mit 3D-Druckern, um aus tierischen Stammzellen Fleischstücke zu drucken, die in Inkubatoren zu "Steaks" heranwachsen sollen. Auch wird intensiv zur Gewebestruktur von Laborfleisch geforscht. Wenn die Masse aus dem Labor wie echte Muskeln gestreckt und zusammengezogen wird, kommt sie der Textur von Fleisch viel näher.

Bisher können jeweils nur kleine Mengen Laborfleisch hergestellt werden. Eine Massenproduktion ist noch nicht möglich.

Die Grafik zeigt Schritte bei der Herstellung von In-vitro-Fleisch
Abbildung: Bartz/Stockmar (Lizenz-Infos), Lizenz: CC-BY 4.0

Ist Laborfleisch gesünder?

Da Laborfleisch bisher weltweit praktisch noch nicht verzehrt wurde, gibt es keine validen Daten zum Gesundheitswert von In-Vitro-Fleisch. Das müsste vor der Zulassung in der EU genauer überprüft werden – und zwar unabhängig von Herstellerstudien.

Ein hoher Konsum von konventionellem Fleisch gilt als ungesund. So steigert ein häufiger Verzehr von rotem Fleisch laut Studien etwa das Risiko für Darmkrebs. Ob Laborfleisch besser abschneiden würde, ist noch nicht genauer untersucht.

Die Anzahl an Krankheiten, die von Tieren sowie durch den Verzehr von tierischen Lebensmitteln auf den Menschen übertragen werden, könnten zurückgehen. Die Herstellung unter kontrollierten Bedingungen im Labor dürfte weniger keimanfällig sein.

Vermutlich lassen sich die in der Tierhaltung häufig eingesetzten Antibiotika durch die Produktion von Laborfleisch ebenso reduzieren, was der steigenden Zahl resistenter Krankheitserreger entgegenwirken würde. Die Produktion von Laborfleisch kommt meist aber nicht ganz ohne Antibiotika aus. Den Zellkulturen werden teilweise Antibiotika zugesetzt, um Infektionen zu verhindern. Nur bei einer Herstellung unter sterilen Bedingungen könnte man darauf verzichten.

Ein weiterer Ansatz, um Laborfleisch gesünder zu machen, wäre der Zusatz von Nährstoffen oder eine bessere Fettzusammensetzung, die für positive Effekte sorgen könnten.

Kommt die Produktion von Laborfleisch ohne Tierleid aus?

Um Fleisch und Fisch zu züchten, braucht es Muskelstammzellen. Diese werden Tieren entnommen. Zwar stirbt das Tier dabei in der Regel nicht, aber dennoch bedeutet jede Biopsie einen Eingriff und mögliche Schmerzen. Damit entnommene Zellen zu einem Fleischstück wachsen, brauchen sie Nahrung und eine passende Umgebung. Dabei gilt fetales Kälberserum immer noch als bestes Medium. Es wird aus dem Blut der noch schlagenden Herzen ungeborener Kälber (Kälberföten) gewonnen. Das Kalb stirbt bei der Entnahme. Der Laborfleisch-Hersteller Mosa Meat hat bereits 2019 verkündet, dass er weder auf fetales Kälberserum noch auf andere tierische Komponenten angewiesen ist und tierfrei sei. Auch andere Unternehmen arbeiten an Alternativen, die beispielsweise auf Algen oder Pflanzen basieren. 

Für das Trägergerüst kommt meist Kollagen zum Einsatz, das in der Regel aus Knochen von Rindern und Schweinen gewonnen wird. An pflanzlichen Alternativen wird auch hier intensiv geforscht.

Wie sieht die Umweltbilanz von Laborfleisch aus?

Da Laborfleisch und -fisch bisher noch nicht in industriellen Mengen produziert werden können, ist nur eine hypothetische Abschätzung gegenüber der konventionellen Fleischproduktion möglich. In der Wissenschaft wird deshalb mit Szenarien gearbeitet.

Das Umweltbundesamt hat in seiner Schrift "Fleisch der Zukunft" die Studienlage bis August 2019 zusammengefasst:

Erste Studien gehen von einer deutlichen Reduzierung der Treibhausgase um mehr als 75 Prozent aus. Weitere Studien kommen zu einem anderen Ergebnis. Demnach werden durch die Laborfleischproduktion mehr Treibhausgase produziert als etwa durch die Herstellung von konventionellem Schweine- oder Hühnerfleisch. Die These "Laborfleisch ist auf jeden Fall klimafreundlicher" kann somit zurzeit weder belegt noch widerlegt werden. Hier gilt es die Entwicklungen in der Branche abzuwarten. 

Auch beim Energieverbrauch gehen neuere Studien von einer höheren Umweltbelastung bei der Herstellung von Laborfleisch gegenüber konventioneller Fleischproduktion aus.

Deutliche Pluspunkte fürs Laborfleisch gegenüber konventionellem Fleisch gibt es nach den veröffentlichten Szenarien beim Landverbrauch. Dieser wird von den Forschern als deutlich niedriger berechnet.

Unbestritten ist, dass eine überwiegend pflanzliche Ernährung mit Abstand die gesündeste und umweltfreundlichste Alternative zu konventionellem Fleisch ebenso wie zu Laborfleisch ist.

Was kostet Laborfleisch?

Die Firma Mosa Meat präsentierte 2013 auf einer Pressekonferenz den ersten Burger-Bratling aus kultiviertem Rindfleisch. Die Forschung rund um die Herstellung dauerte viele Jahre und der Burger kostete damals 250.000 Euro. In der Zwischenzeit sind die Herstellungskosten deutlich gefallen und Anbieter berichten immer wieder von Erfolgen bei der Kostenreduzierung. Inzwischen soll der Preis für den Burger von Mosa Meat bei rund neun Euro pro Stück liegen. Eine Überprüfung der Angaben ist kaum möglich.

Die in Singapur verkauften Chicken Nuggets wiederum werden mit Pflanzenproteinen "gestreckt", sodass der Preis für das reine Laborfleisch nicht klar ist. Ursprünglich hatte der Hersteller Eat Just laut BBC die Herstellungskosten mit rund 50 US-Dollar pro einzelnem Chicken Nugget angegeben, in der Zwischenzeit soll es weniger sein.

Auch wenn die Produktionskosten für Laborfleisch weiter fallen, liegen sie immer noch deutlich über den Kosten für konventionelles Fleisch. 

Wann gibt es Laborfleisch in Europa?

In Singapur hat das erste Fleisch aus einem Bioreaktor Ende 2020 eine Zulassung erhalten. Und auch in den Vereinigten Staaten wurde der Verkauf von kultivierten Fleischprodukten zweier Unternehmen im Juni 2023 zugelassen.

Lebensmittel aus Zell- und Gewebekulturen fallen hierzulande unter die Novel-Food-Verordnung. Somit gelten gezüchtetes Fleisch und Fisch aus dem Labor als neuartige Lebensmittel und müssen vor der Marktzulassung eine Reihe kritischer Tests bestehen. Bei einem Antrag auf Zulassung prüft die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA), ob die Produkte sicher sind.

Als erstes Unternehmen in der EU hat ein französisches Start-up die behördliche Zulassung für kultiviertes Fleisch beantragt. Auch ein Heidelberger Biotechnologie-Unternehmen soll nach eigenen Angaben im September 2023 Kontakt zur EFSA aufgenommen haben und sich im Vorantragsprozess befinden.

Das Zulassungsverfahren kann nach Schätzungen mindestens 18 Monate dauern. Bis die ersten Produkte in Supermärkten oder Restaurants zu finden sind, wird es wohl noch eine Weile dauern. 

Den Begriff "Clean Meat" halten wir für irreführend

Bislang wird für die Herstellung von Laborfleisch meistens fetales Kälberserum genutzt. Solange für das Nährmedium weiterhin Tiere sterben müssen, steckt damit auch in Laborfleisch Tierleid. In diesem Zusammenhang ist der Begriff "Clean Meat" unserer Auffassung nach irreführend, da er eine tierleidfreie Fleischerzeugung suggeriert.

Ob Laborfleisch zukünftig umweltfreundlicher in der Produktion sein wird als konventionelles Fleisch, ist im jetzigen Stadium noch nicht abzusehen. Zurzeit sind die kleinen Produktionsmengen deutlich energieintensiver. Da aktuell sehr viel Geld in die Forschung auf diesem Gebiet gesteckt wird, kann sich die Situation in einigen Jahren durchaus noch ändern. Prinzipiell gilt eine überwiegend pflanzliche Ernährung als der nachhaltigste Weg.

Wichtig ist aus Sicht der Verbraucherzentralen eine transparente Kennzeichnung: Verbraucher:innen müssen eindeutig erkennen können, ob das Fleisch oder der Fisch aus dem Labor stammt. Viele haben laut Umfragen Vorbehalte gegenüber Fleisch, das im Labor gezüchtet wird. Auch die Frage, ob ein solches Produkt rein rechtlich als "Fleisch" gekennzeichnet werden dürfte, muss vor Markteinführung geklärt werden.

Ratgeber-Tipps

Ratgeber Photovoltaik
Wer ein Stück weit unabhängig von den Preiskapriolen der Energieversorger werden will, kümmert sich um die Anschaffung…
Handbuch Pflege
Als pflegebedürftig gelten Menschen, die wegen einer Krankheit oder Behinderung für mindestens sechs Monate Hilfe im…
Schmuckbild: Facebook-App

Sammelklage gegen Facebook wegen Datenleck

Im Jahr 2021 veröffentlichten Hacker massenhaft Nutzer:innendaten von Facebook. Allein in Deutschland gibt es Millionen Geschädigte. Dank der Sammelklage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) können sie ihre Ansprüche auf Schadensersatz nun gegen Facebook geltend machen. Betroffene können sich für die Klage anmelden, sobald das Bundesamt für Justiz (BfJ) das Klageregister öffnet.
Lachender Mann mit Geldscheinen in der Hand

Vergleich mit primaholding-Unternehmen: Letzte Chance für Verbraucher:innen

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat mit primastrom, voxenergie und nowenergy einen Vergleich geschlossen. Es ging dabei um überhöhte Preise und unangemessene Vertragslaufzeiten. Noch bis zum 31. Dezember 2024 können Sie sich an die Unternehmen wenden und sich auf den Vergleich berufen.
Ein Gesundheitsgerät neben dem Wort Aufruf in einem Ausrufezeichen.

Healy: Vorsicht vor falschen Gesundheitsversprechen

Bei den Verbraucherzentralen haben sich in den letzten Monaten die Beschwerden über das Produkt "Healy" gehäuft, weil selbstständige „Healy“-Vertriebspartner:innen behaupten, das Produkt würde etwa bei Multipler Sklerose, Depressionen, ADHS oder Hauterkrankungen helfen. Diese Heilsversprechen sind nicht haltbar.
Schmuckbild

Das ändert sich 2025 bei Strom, Gas und Co.

Ab dem 1. Januar 2025 steigt der Preis im nationalen Emissionshandel. Eine Tonne CO2 kostet dann 55 Euro statt bisher 45 Euro. Damit erhöhen sich voraussichtlich die Preise für Heizöl, Erdgas und für Kraftstoffe, und das Heizen mit fossilen Brennstoffen wird erneut teurer. Doch das ist nicht die einzige Änderung im Bereich Energie. Worauf Verbraucher:innen sich 2025 noch einstellen müssen, erklärt die Energieberatung der Verbraucherzentrale.
Foto einer Frau, die auf einem Sofa sitzt und bestürzt in ein geöffnetes Paket schaut.

Shoppen auf Online-Marktplätzen: Verbraucher:innen erwarten sichere Produkte

Die Mehrheit der Verbraucher:innen erwartet, dass die Produkte auf Online-Marktplätzen sicher und gesetzkonform sind – und sehen die Plattformbetreiber in der Verantwortung. Das zeigt eine Befragung des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Aktuell sind Plattformen nicht in der Pflicht, Produktsicherheit zu gewährleisten.