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Gefährlicher Mix - Synephrin und Koffein in Abnehmpillen

Stand:
Riskante „Fatburner“ mit Synephrin und Koffein versprechen schnelle Gewichtsverluste.
Medikamente in der Maßband

Das Wichtigste in Kürze:
Achtung, kann der Gesundheit schaden

  • Synephrin ist ein natürlicher Stoff, der in "Fatburnern" meist zusammen mit Koffein enthalten ist. Er wird in der Zutatenliste oft nicht angegeben, auch wenn er in hohen Dosierungen enthalten ist.
  • Dass Synephrin beim Abnehmen helfen kann, ist eher zweifelhaft.
  • Über Früchte können Sie kaum zu viel Synephrin aufnehmen, aber über Nahrungsergänzungsmittel kann das schnell passieren.
  • Hohe Dosierungen, besonders zusammen mit Koffein, können das Herz-Kreislauf-System belasten. Synephrin-haltige "Fatburner" können deshalb unangenehme bis gefährliche Nebenwirkungen haben, wie Bluthochdruck oder Herzrasen bis hin zum Herzinfarkt.
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Was steckt hinter der Werbung zu Synephrin?

Die als "Fatburner" beworbenen Nahrungsergänzungsmittel mit Synephrin versprechen wahre Wunder. "Steigert den Stoffwechsel", "optimiert die Schilddrüsenaktivität", "erhöht die Wärmeproduktion im Körper" oder "lässt das Fett schmelzen" - diese Versprechen wecken hohe Erwartungen.

Wirkungen des Stoffes auf die körpereigene Fettverbrennung wurden von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) als  wissenschaftlich nicht gesichert zurückgewiesen und deshalb von der EU auch nicht als sogenannte Health Claims zugelassen.

Eine kleine Studie mit jungen gesunden Erwachsenen hat bei vielen Übergewichtigen Hoffnungen geweckt, dass Synephrin doch die Pfunde purzeln lassen kann. Die Ergebnisse waren genau betrachtet aber eher ernüchternd: Bei einigen Personen gab es gar keine Effekte und bei den restlichen Teilnehmern kam es nur bei zusätzlicher Bewegung zu Veränderungen bei der Fettverbrennung. Ohne Extra-Sport gab es keine Unterschiede zu einer Vergleichs-Gruppe, die kein Synephrin einnahm.

Rein rechnerisch könnte zwar ein Gewichtsverlust aus Fett von maximal einem Kilogramm pro Monat erzielt werden, allerdings blieb unklar, welche gesundheitlichen Folgen eine wiederholte Anwendung hätte. Eine Einnahmeempfehlung ist auch aufgrund dieser wenig überzeugenden Ergebnisse nicht ableitbar.

Die Bezeichnung „Fatburner“ darf nach einer abschließenden Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 13. Januar 2022 nicht mehr für Nahrungsergänzungsmittel und deren Bewerbung verwendet werden. Hersteller behelfen sich häufig mit ähnlich lautenden Begriffen, wie F-, Turbo- oder Night-Burner.

 

Auf was sollte ich bei der Verwendung von Produkten mit Synephrin achten?

Synephrin wirkt, wie Koffein, auf das Herz-Kreislauf-System. Beide Stoffe können sich in ihrer Wirkung gegenseitig verstärken. Wenn Koffein und Synephrin kombiniert werden, können sie zu erhöhtem Blutdruck, Schlaflosigkeit, Herzrasen oder sogar zum Herzinfarkt führen. Falls Produkte mit Synephrin und Koffein als "rein pflanzlich" beworben werden, bedeutet dies nicht in jedem Fall, dass sie als ungefährlich eingestuft werden können.

Synephrin darf Nahrungs­ergänzungsmitteln nicht isoliert zugesetzt werden, es darf aber enthalten sein, zum Beispiel als natürlicher Inhaltsstoff der Zutat Citrus Aurantium (Bitterorange).

Da hohe Dosierungen vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) als nicht sicher eingestuft werden, sollten über Lebensmittel einschließlich Nahrungs­ergänzungsmittel generell nicht mehr als 21 Milligramm Synephrin pro Tag aufgenommen werden. Das entspricht ungefähr der Menge, die Sie mit traditionellen Lebensmitteln mit einem hohen Synephrin-Gehalt essen könnten. Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn Sie sehr viele Orangen, Mandarinen oder Marmelade daraus essen oder viel Saft aus diesen Früchten trinken.  Viele Nahrungs­ergänzungsmittel enthalten aber deutlich höhere Dosierungen und werden deshalb von den Behörden als nicht sicher eingestuft.

Außerdem enthalten Nahrungsergänzungsmittel möglicherweise nicht nur p-Synephrin, sondern auch das stärker wirkende m-Synephrin. Bei dieser Einschätzung ist berücksichtigt, dass Sie gerade dann die Zielgruppe für solche Produkte sind, wenn Sie viel Sport treiben und Ihr Herz-Kreislauf-System deshalb schon angestrengt wird. Das gilt besonders, wenn noch Übergewicht dazu kommt.

Sofern über ein Nahrungsergänzungsmittel gemäß Verzehrsempfehlung (Tagesdosis) bereits 21 Milligramm p-Synephrin pro Tag zugeführt werden, sollte ein Hinweis auf dem Etikett erfolgen, dass keine weiteren Synephrin-haltigen Lebensmittel verzehrt werden sollen.

Über das Europäische Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel (RASFF) wurden in den letzten  Jahren  viele Nahrungs­ergänzungsmittel mit nicht zulässigem Synephrin (oft in Kombination mit Koffein oder der verbotenen Yohimbe) gemeldet. In vielen dieser Produkte wurde der Stoff trotz hoher Dosierungen nicht angegeben oder hat sich hinter der Zutat Bitterorangenextrakt versteckt. Die ermittelten Synephrin-Mengen von z.B. 8.000 Milligramm pro Kilogramm Produkt gehen aber weit über die möglichen Mengen aus natürlichen Zutaten hinaus.

Auch im bundesweiten Überwachungsplan 2020 der Lebensmittelüberwachungsbehörden in Deutschland wurden bei fast der Hälfte der untersuchten "Pre-Workout-Booster" potentiell gesundheitsgefährdende Stoffe nachgewiesen. Bei mehr als jeder vierten Probe handelte es sich dabei um Synephrin.

Synephrin, Koffein und noch weitere enthaltene Pflanzenextrakte können darüber hinaus für Sie ein Risiko bergen, weil sie in Wechselwirkungen mit Medikamenten treten.

Je höher der Anteil an Synephrin und Koffein, umso höher ist für Sie das Risiko dieser Produkte. Fehlt in der Zutatenliste eine Mengenangabe der enthaltenen Wirkstoffe, dann sollten Sie auf einen Verzehr besser verzichten.

In einer US-amerikanischen Studie aus dem Jahr 2023 wurden 57 Produkte für Sportler:innen untersucht, die Synephrin oder koffeinähnliche Substanzen wie Methylliberin oder das auf der WADA-Verbotsliste stehende Octopamin enthalten. Sieben Produkte enthielten von der FDA verbotene Substanzen, 23 Produkte enthielten keine nachweisbaren Mengen der angegebenen Inhaltsstoffe. Bei den 21 Produkten, die Methylliberin enthielten, wurden 16 bis 334 % der angegebenen Menge des Inhaltsstoffes analysiert.

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Was ist Synephrin?

Der Pflanzeninhaltsstoff Synephrin (Synonyme: p-Synephrin, Oxedrin) ist ein biogenes Amin und chemisch mit Ephedrin verwandt. Ephedrakraut (Ephedrin, Ephedra, Ma-huang, Meerträubel) und Zubereitungen aus Ephedra-Arten sind seit 2015 in der EU in Lebensmitteln verboten.

Synephrin kommt in der Schale und im Fruchtfleisch der Bitterorange (auch Pomeranze oder Citrus Aurantium) vor. Der Gehalt ist umso höher, je kleiner und je unreifer die Frucht ist. Synephrin können Sie aber auch über süße Orangen, Mandarinen, Clementinen und Zitronen sowie deren Säfte aufnehmen.

Die Früchte des Bitterorangenbaumes sind sehr sauer und bitter, so dass sie nicht direkt verzehrt, sondern zu Marmeladen und Sirup weiterverarbeitet werden. Aus der getrockneten Schale wird die Backzutat Orangeat hergestellt. Auf Basis der Fruchtschale und des Fruchtsafts der Bitterorange werden Liköre wie Cointreau oder Curaçao produziert. In Nahrungsergänzungsmitteln befindet sich Synephrin meist in der Zutat Bitterorangen- bzw. Citrus-Aurantium-Extrakt.

Die durchschnittliche Aufnahme an p-Synephrin über Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs mit den maximal ermittelten Gehalten in Deutschland liegt bei bei etwa fünf Milligramm pro Tag. Wer besonders viele synephrin-haltige Lebensmittel und Getränke verzehrt, nimmt nach Berechnungen bis zu 21 Milligramm pro Tag auf.

Welche Inhaltsstoffe sind in Produkten mit Synephrin noch enthalten?

In Schlankheitsmitteln wird Synephrin meist hoch dosiert und in Kombination mit Koffein angeboten. Das Koffein versteckt sich häufig hinter den Bezeichnungen pflanzlicher Extrakte wie Guarana, Kaffee, Mate oder Grüntee-Extrakt. Weitere Pflanzenextrakte können enthalten sein.

Im Bitterorangenextrakt können sich neben Synephrin auch noch andere biogene Amine wie Octopamin oder Tyramin befinden. Octopamin befindet sich, wie der verwandte Stoff Methylsynephrin oder Oxilofrin, auf der aktuellen Verbotsliste der Welt Anti-Doping Agentur WADA als im Wettkampf verbotenes Stimulanz (S6b: Spezifische Stimulanzien). Synephrin selbst gilt nicht als verbotene Substanz im Sport, wurde aber, wie auch Koffein, auch für 2024 wieder in das Überwachungsprogramm der WADA aufgenommen.

In neuen Nahrungsergänzungsmitteln für Sportler:innen, aber auch Militärangehörige und Wachpersonal, die die Wachsamkeit und Treffsicherheit erhöhen sollen, wird Koffein mit den koffeinähnlichen Stoffen Methylliberin oder  Theacrin kombiniert. Die Hoffnung dabei ist, dass die positiven Wirkungen des Koffeins, aber nicht die negativen Auswirkungen, wie erhöhter Blutdruck und Nervosität, auftreten. Gegenwärtig liegen allerdings nur wenige Studien mit geringer Probandenzahl vor. Auch Theacrin (Tetramethylurinsäure) allein wird in Sportler-Nahrungsergänzungsmitteln bereits als „der sanfte Bruder des Koffeins“ angeboten, obwohl in Studien keine Erhöhung der Leistungsfähigkeit im Vergleich mit Placebo ermittelt werden konnte. Einige Studien zeigten allerdings eine Verbesserung der Konzentration. Entsprechende Werbeaussagen sind aktuell aber nicht zugelassen. Methylliberin und Theacrin gelten in der EU als neuartige Lebensmittelzutat und sind bisher in Nahrungsergänzungsmitteln und anderen Lebensmitteln nicht erlaubt.

Kombinationspräparate aus Synephrin und Koffein sollten nach Meinung des BfR Hinweise tragen, dass sie zur Erhöhung des Blutdrucks und der Pulsrate führen können und dass sie nicht für Personen mit Bluthochdruck, Übergewicht oder bei sonstigen Herz-Kreislauf-Erkrankungen geeignet sind. In der Packungsbeilage sollte ebenfalls darauf hingewiesen werden, dass bei sonstiger Medikamenteneinnahme ärztlicher Rat einzuholen und im Zusammenhang mit intensiver sportlicher Betätigung Vorsicht geboten ist.

  • Verzichten Sie auf sogenannte "Fatburner" mit Synephrin, vor allem auf Produkte aus unsicheren Quellen im Onlinehandel.
  • Achten Sie auf weitere anregende Zutaten, wie Koffein, Theacrin, Methylliberin oder koffeinhaltigePflanzenextrakte (z.B. Guarana, Mate, Tee).
  • "Rein pflanzlich" bedeutet nicht "ungefährlich".
  • Abnehmen "um jeden Preis" kann riskant sein, besonders für Personen mit gesundheitlichen Problemen, beispielsweise bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems.

Zum Weiterlesen:

Ephedra-Trainingsbooster ohne Ephedrin?

Gewonnen und trotzdem verloren - ungewollt gedopt

 

Quellen:


Gemeinsame Expertenkommission zur Einstufung von Stoffen (2021): Stellungnahme zur Einstufung von Citrus-aurantium-Extrakt bzw. Synephrin allein und in Kombination mit Coffein (Nr. 01/2021), Stand: 27.09.2021

Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit: Gesundheitsrisiken bei Sportlernahrung: sog. Pre-Workout-Booster und andere "Wundermittel" enthalten oft gesundheitsgefährdende Stoffe. Stand: 02.12.2021

Bundesinstitut für Risikobewertung: Gesundheitliche Bewertung von synephrin- und koffeinhaltigen Sportlerprodukten und Schlankheitsmitteln, Stellungnahme Nr. 004/2013 des BfR vom 16.11.2012 (abgerufen am 08.01.2024)

Bundesinstitut für Risikobewertung: Nahrungsergänzungsmittel im Sport, Beispiele für unerwünschte Wirkungen von Pflanzeninhaltsstoffen, Koffein, Synephrin, BfR2GO, 1/2018, S. 22-25 (abgerufen am 08.01.2024)

Bundesinstitut für Risikobewertung: Präsentation: Risikobewertung von Botanicals in Nahrungsergänzungsmitteln, 26.01.2017 (abgerufen am 08.01.2024)

Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Pressemitteilung: Schlankheitsmittel versprechen viel - helfen aber nur wenig, 03.01.2017 (abgerufen am 08.01.2024)

CVUA Karlsruhe: Internethandel: Verbotene Stoffe in Schlankheitsmitteln, aktualisiert am 05.03.2019 (abgerufen am 08.01.2024)

CVUA Karlsruhe : Koffein in Nahrungsergänzungsmitteln und Sportlernahrung – eine unterschätzte Aufnahmequelle, erstmals erschienen 09.02.2016 (abgerufen am 08.01.2024)

Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit - EFSA Scientific Opinion on the safety of caffeine, Safety of caffeine; EFSA Journal 2015;13(5):4102.

Gutierrez-Hellin J, Del Coso J (2016): Acute p-synephrine ingestion increases fat oxidation rate during exercise, British Journal of Clinical Pharmacology (5), DOI: 10.1111/bcp.12952.

FDA: Methylsynephrine in Dietary Supplements, Stand: 22.02.2023 (abgerufen am 08.01.2024)

EFSA: Scientific Opinion on a Qualified Presumption of Safety (QPS) approach for the safety assessment of botanicals and botanical preparations, EFSA Journal 2014; 12(3):3593, S.23-27

SSNS: Supplementguide, A-Supplemente: Performance Supplement: Koffein. Version 3.0, November 2020, gültig bis November 2023 (abgerufen am 08.01.2024)

NADA - Nationale Anti-Doping Agentur: Verbotsliste 2024

Cohen P A et al. (2023): Presence and Quantity of Botanical Ingredients With Purported Performance-Enhancing Properties in Sports Supplements. JAMA Netw Open 6 (7): e2323879

Van Dusseldorp T A et al. (2020): Safety of Short-Term Supplementation with Methylliberine (Dynamine®) Alone and in Combination with TeaCrine® in Young Adults.  Nutrients 12(3): 654

Cintineo H P et al. (2022): Effects of caffeine, methylliberine, and theacrine on vigilance, marksmanship, and hemodynamic responses in tactical personnel: a double-blind, randomized, placebo-controlled trial. J Int Soc Sports Nutr 19(1): 543-564

Cerqueira H S C et al. (2022): Effects of Theacrine  as a Pre-Workout Supplement. Int J Environ Res Public Health 19(21): 14037

EU-Novel Food Catalogue, Abfrage: Methylliberine (abgerufen am 09.01.2024)

Schnellwarnsystem RASFF, Abfrage: Theacrine (abgerufen am 09.01.2024)

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Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 31.10.2024, Az. 38 O 182/22 (nicht rechtskräftig)

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