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Oft zu viel Jod in Meeresalgen-Produkten

Stand:
Mehr oder weniger regelmäßig gibt es Warnhinweise und Produktrückrufe aufgrund überhöhter Jod-Gehalte in Meeresalgenprodukten. Worauf können Sie achten, um sich zu schützen?
Meeresalgen

Das Wichtigste in Kürze:

Achtung, kann der Gesunheit schaden!

  • Meeresalgenprodukte können gesundheitsschädliche Mengen Jod enthalten.
  • Kaufen Sie daher nur solche Meeresalgenprodukte, die eindeutige Angaben zum Jodgehalt und zur maximalen Verzehrmenge enthalten.
  • Als Höchstmenge werden in Nahrungsergänzungsmitteln 100 Mikrogramm Jod pro Tag empfohlen, insgesamt mit allen Lebensmitteln nicht mehr als 500 Mikrogramm.
  • Personen mit Schilddrüsenerkrankungen sollten auf diese Nahrungsergänzungsmittel besser verzichten. Auf jeden Fall vorher das Arztgespräch suchen.
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Meeresalgen als Nahrungsergänzung

Die verschiedensten Algenprodukte werden als Nahrungsergänzungsmittel angeboten. Dazu gehören Süßwasseralgen wie Spirulina oder Chlorella, AFA-Algen und auch verschiedene Meeresalgen-Produkte.

Zu den Meeresalgen gehören Braunalgen wie der Blasentang (Fucus vesiculosus), die Sorten Kombu, Wakame, Arame und Hijiki. Häufig kommen sie unter dem Sammelnamen "Seetang" in den Handel, Nahrungsergänzungsmittel werden auch oft als Kelp bezeichnet. Angeboten werden aber auch Rotalgen (Nori, Dulse bzw. Lappentang) als Flocken oder Kapseln. Meeresalgen können besonders viel Jod enthalten, da sich Jod im Meerwasser anreichert und von manchen Algenarten gespeichert wird.

Einige Algenprodukte werden auch als Calcium- oder Kaliumquelle angeboten, teilweise mit dazugehörigen gesundheitsbezogenen Aussagen mit Blick auf gesunde Knochen, Nerven oder Blutdruck. Dafür ist eine Mindestmenge nötig und die enthaltene Menge pro Tagesdosis muss in der Nährwerttabelle genannt werden.

Worauf sollte ich achten?

Besonders jodreich sind Flügeltang (Alaria esculenta), Arame (Eisenia bicyclis) und Seetang (Kombu). In einer aktuellen Untersuchung des CVUA Stuttgart (2024) wurden in getrockneten Algen- und Seetang-Produkten Mengen zwischen 10 und 5.800 Mikrogramm pro Gramm Trockengewicht. Zum Vergleich: Die tägliche Aufnahmeempfehlung beträgt 200 Mikrogramm, könnte also im schlimmsten Fall schon mit 0,03 Gramm Algenprodukt überschritten werden. Wichtig: Ein plötzliches Jod-Überangebot kann zum Gesundheitsrisiko werden. Deswegen fordert das CVUA Stuttgart auch einen entsprechenden Warnhinweis: "Achtung: Jodreiches Lebensmittel! Eine übermäßige Jodaufnahme kann gesundheitsschädlich sein und zu Störungen der Schilddrüsenfunktion und des Jodstoffwechsels führen."

  • Menschen mit Schilddrüsenerkrankungen (z.B. Hashimoto-Thyreoiditis) sollten auf den Verzehr von Nahrungsergänzungsmitteln mit Meeresalgen verzichten.
  • Alle anderen sollten nur solche Meeresalgenprodukte (incl. (gerösteter) Algenblätter) kaufen, die in der Nährwerttabelle eindeutige Angaben zum Jodgehalt und zur maximalen täglichen Verzehrmenge (Portion, Tagesdosis) enthalten.
  • Nahrungsergänzungsmittel mit Jod sollten nicht mehr als 100 µg/Tagesdosis enthalten, Produkte für Schwangere 150 µg/Tag.
  • Seien Sie besonders vorsichtig bei Produkten, die aus dem Nicht-EU-Ausland stammen.
  • Eine sichere Jodzufuhr ist mit jodiertem Speisesalz (in normalen Mengen) und Meeresfisch möglich. Auch Milch und Eier können als Jodquelle dienen, da die Tiere zusätzliches Jod mit dem Futter bekommen.
  • Wer sich vegan ernährt, sollte überlegen, statt zu Algen besser zu standardisierten Nahrungsergänzungsmitteln greifen, die eine gleichmäßigere sichere Zufuhr ermöglichen. Nur Algenprodukte mit Warnhinweis (s.o.) kaufen.
  • Sagen Sie den Sie behandelnden Ärzt:innen, wenn Sie regelmäßig Nahrungsergänzungsmittel mit jodhaltigen Algen nehmen.

Hoher Jodgehalt kann Schilddrüsenfunktion stören

Deutschland gilt als Jodmangelgebiet. Da liegt es auf der Hand, dass Werbestrategen ein gutes Geschäft mit jodhaltigen Meeresalgen als Nahrungsergänzungsmittel wittern. Doch der Jodgehalt in getrockneten Algen schwankt enorm und liegt zwischen fünf und 6.000 Milligramm pro Kilo.

Als Höchstmenge aus allen Quellen (Tolerable Upper Intake Level) werden vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) für Deutschland allerdings nur 0,5 Milligramm Jod pro Tag empfohlen! Ein plötzliches Jod-Überangebot kann zum Gesundheitsrisiko werden. Deswegen sind Jod-Notfalltabletten auch nicht als Nahrungsergänzung geeignet.

Das BfR hat immer mal wieder zum Risiko durch Algenprodukte Stellung genommen. Es weist darauf hin, dass bei hohen Jodgehalten, beispielhaft wurde ein Produkt mit 506 Milligramm Jod pro Kilogramm getrockneter Algen genannt, bereits der Verzehr von 10 Gramm dieser Alge zu einer "exzessiven Jodaufnahme" führt.

Durch den Jodmangel bilden sich, gerade bei älteren Menschen, in der Schilddrüse häufig kleine autonome Zentren. Werden diese durch ein Überangebot an Jod aktiviert, kann dies zu einer lebensbedrohlichen Schilddrüsen­überfunktion und zu immunologisch bedingten Erkrankungen der Schilddrüse führen. Bei gesunden Menschen mit einer normalen Schilddrüsen­funktion kann ein Überangebot an Jod die Hormonbildung des Körpers hemmen, wodurch eine Schilddrüsen­unterfunktion mit Kropf-Bildung entstehen kann.

Neben dem hohen Jodanteil ist auch die Belastung mit Schwermetallen problematisch. So stecken in getrockneten Meeresalgen trotz regelmäßiger Kontrollen durch die Überwachungsbehörden oft beträchtliche Mengen an Blei, Cadmium, Aluminium und Arsen.

Angaben und Warnhinweise fehlen

Leider fehlen immer noch auf vielen Algen-Produkten Angaben zum Jodgehalt. Eine solche Angabe ist Pflicht, wenn Lebensmittel einschließlich Nahrungsergänzungsmittel mit dem Hinweis "enthält Jod" oder "reich an Jod" angeboten werden.

Das BfR empfiehlt, dass jodreiche Algenerzeugnisse (mit 10 bis 20 Milligramm Jod pro Kilogramm) nur mit einem Warnhinweis "eine übermäßige Zufuhr von Jod kann zu Störungen der Schilddrüsenfunktion führen" verkauft werden sollten. In der 2024 veröffentlichten Untersuchung des CVUA Stuttgart wurden in praktisch allen Algenproben Jodgehalte von über 20 mg/kg gemessen. Bei knapp einem Drittel der Proben lagen keinerlei Warnhinweise oder Verbraucherinformationen vor. Da solche Produkte geeignet sind, die Gesundheit zu schädigen, dürfen sie nach den allgemeinen Vorschriften des Lebensmittelrechts nicht in den Verkehr gebracht werden. Insgesamt hat sich zwar die Situation hinsichtlich der Warnhinweise verbessert. Zu hohe Jod-Gehalte werden aber weiterhin gefunden. So gab es in Januar 2024 schon zwei Meldungen im Europäischen Schnellwarnsystem RASFF, in 2023 waren es insgesamt 14 Meldungen. Öffentliche Produktrückrufe werden auf dem Internetportal www.lebensmittelwarnung.de mitgeteilt.

Aktuelle Warnhinweise finden Sie auf unserer Seite Verbraucherwarnungen.

 

Quellen:


BfR (2021): Aktualisierte Höchstmengenvorschläge für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln und angereicherten Lebensmitteln. Stellungnahme Nr. 009/2021 vom 15.03.2021 (abgerufen am 08.02.2024)

BfR (2021): Höchstmengenvorschläge für Jod in Lebensmitteln inklusive Nahrungsergänzungsmitteln (abgerufen am 08.02.2024)

A. Domke, R. Großklaus, B. Niemann, H. Przyrembel, K. Richter, E. Schmidt, A. Weißenborn, B. Wörner, R. Ziegenhagen: Verwendung von Mineralstoffen in Lebensmitteln. Toxikologische und ernährungs­physiologische Aspekte Teil II. BfR, 2004, S. 209ff

Schwermetalle in Algen. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), Pressemeldung vom 26.11.2014 (abgerufen am 08.02.2024)

Sushi-Blätter häufig mit Schadstoffen belastet. Auch Jodgehalt oft zu hoch. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Pressemeldung vom 28.05.2020 (abgerufen am 08.02.2024)

Arbeitskreis Jodmangel (2017): Vegane Ernährung: Algen oder Tabletten für die Jodversorgung? Ernährungs Umschau (2): M63 (abgerufen am 08.02.2024)

Gesundheitliche Risiken durch zu hohen Jodgehalt in getrockneten Algen. Aktualisierte Stellungnahme Nr. 026/2007 des BfR vom 22. Juni 2004, aktualisiert am 12.06.2007 (abgerufen am 02.06.2023)

K. Zietemann, H. Bauer-Aymanns: Hoher Jodgehalt in Algenprodukten kann gefährlich werden. CVUA Stuttgart, Stand: 27.05.2013 (abgerufen am 08.02.2024)

Nietner T et al. (2024): Algen – Eine gute Jodquelle? CVUA Stuttgart, Stand: 06.02.2024 (abgerufen am 08.02.2024)

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